In: Home > News > Schweinegrippe: Koptische Christen protestieren gegen Massenschlachtung ihrer Schweine
Sprachen: DEU | ITA
Bozen, Göttingen, 4. Mai 2009
Die koptische 'Hängende Kirche' in Alt-Kairo.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der
Regierung von Ägypten am Montag vorgeworfen, mit der
umstrittenen Massenschlachtung von Schweinen koptischer Christen
religiöse Spannungen zu schüren. "Die christliche
Minderheit fühlt sich ungerecht behandelt und fürchtet
neue Übergriffe der muslimischen Mehrheitsbevölkerung",
sagte der GfbV- Afrikareferent Ulrich Delius. "Die
ägyptische Regierung zerstört so nicht nur die
Lebensgrundlage zehntausender verarmter Kopten, sondern macht
wider besseren Wissens die religiöse Minderheit zum
Sündenbock für die Ausbreitung der Schweinegrippe".
Hunderte koptische Slumbewohner protestierten am gestrigen
Sonntag in Kairo gegen die Zwangsmaßnahme, die ihre ohnehin
schon katastrophale Lage weiter verschlechtern wird.
Das ägyptische Parlament hatte sich am 28. April 2009
für die Schlachtung von bis zu 250.000 Schweinen
ausgesprochen, die überwiegend von Christen gehalten und
deren Fleisch auch nur von ihnen gegessen wird. Einen Tag
später wurde mit der Massenschlachtung begonnen. Als
internationale Experten mit Unverständnis auf die Anordnung
reagierten, rechtfertigte das Gesundheitsministerium die
umstrittene Entscheidung als Maßnahme zur generellen
Gesundheitsvorsorge. Es ließ sich auch nicht durch den
Einwand umstimmen, dass selbst im Falle einer Infektion von
Schweinen in Ägypten (die bislang noch nicht festgestellt
wurde) der Konsum des gebratenen Fleisches nicht zu Ansteckungen
führe, da Krankheitserreger bei einer Temperatur von 70 Grad
abgetötet würden.
"Ägyptens Behörden scheinen sich mit ihrem Aktionismus
auf Kosten der Minderheit profilieren zu wollen", erklärte
Delius. "Doch wer die Ausbreitung von Krankheiten und Seuchen in
Ägypten wirksam bekämpfen will, muss seine Kräfte
darauf konzentrieren, die Verarmung der Bevölkerung und die
Entstehung immer neuer Slums zu verhindern." Dies habe
offenkundig keinen Vorrang in der Politik des Mubarak-Regimes. So
sei die Zahl der Slums vom Jahr 2000, als 916 Elendsviertel im
Land gezählt wurden, bis zum Jahr 2006 auf 1228 gestiegen.
Rund 40 Prozent der Bevölkerung lebten unter der
Armutsgrenze. Mindestens 12,2 Millionen Ägypter hausten in
Elendsvierteln, in den sich schwere Krankheiten stetig
ausbreiteten. "Angesichts dieser katastrophalen Bilanz ist es
bizarr, wenn Ägyptens Regierung die Zwangsschlachtung nun
als "dringende Maßnahme zur Sicherung der Gesundheit"
bezeichnet.
Die rund zehn Millionen Kopten klagen regelmäßig
über Übergriffe und Diskriminierung durch die
Behörden und die muslimische Mehrheitsbevölkerung.
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2009/090403ade.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2008/080603de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050502de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2005/051109de.html
| www.gfbv.it/3dossier/me/kopten.html
in www: http://de.wikipedia.org/wiki/Koptische_Kirche