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Iran: Mullah-Regime hat längst die Unterstützung der Bevölkerungsmehrheit verloren

Nationalitäten fordern Föderalismus nach europäischem Vorbild

Bozen, Göttingen, 16. Juni 2009

Frauenkundgebung 2006 in Iran. (Foto: Gfbv-Archiv). Frauenkundgebung 2006 in Iran. (Foto: Gfbv-Archiv).

Das fundamentalistische Regime des Iran hat nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) nicht nur die Mehrheit der Jugend und große Teile der weiblichen Bevölkerung gegen sich. Auch die vielfach verfolgten oder unterdrückten nicht-persischen Volksgruppen und nicht- schiitischen Glaubensgemeinschaften, die insgesamt bis zu 60% der Bevölkerung stellen, stehen mehrheitlich gegen die Diktatur. "Viele Nationalitätenvertreter des Iran fordern Föderalismus nach europäischem Vorbild", sagte der GfbV-Vorstandsvorsitzende Tilman Zülch am Dienstag in Göttingen.

Die rund zehn Millionen iranischen Kurden haben nach der gnadenlosen Niederschlagung des Aufstandes 1988 und den Morden an ihren Generalsekretären Abdulrahman Ghassemlou 1989 in Wien und Dr. Sadegh Sharafkandi 1993 im Berliner Restaurant "Mykonos" jeden Glauben an das Regime verloren. Damals sollen mehrere zehntausend Kurden ermordet worden sein.

Auch die 15 bis 20 Millionen Aserbaidschaner (Aseri), von der Konfession her Schiiten, werden nicht als ethnische Gemeinschaft mit eigener Sprache, Kultur und Geschichte anerkannt. In Kindergärten, Schulen und Universitäten ist das Aserbaidschanische, eine Turksprache, nicht zugelassen. Im Mai 2006 hatten iranische Paramilitärs mehrere hundert Aseri bei Demonstrationen erschossen. Mehrere Zehntausend wurden verhaftet und gefoltert.

Die Zahl der Ahwazi, der Golfaraber in Khuzestan wird auf 4,5 Millionen geschätzt. Tiefe Armut prägt den Alltag dieser Volksgruppe. Die Ahwazi sind bis heute mehrheitlich Analphabeten sind. Die "Iranisierung" ihrer Region am Persischen Golf soll durch Bevölkerungsaustausch durchgesetzt werden. Dieses Gebiet wurde zur militärischen Sperrzone erklärt. Die etwa 2,5 Millionen Belutschen bekennen sich mehrheitlich zum sunnitischen Islam. Sie leiden unter ethnischer und religiöser Diskriminierung. Ihre ökonomisch rückständigen Siedlungsgebiete werden systematisch vernachlässigt.

Nach der Gründung der Islamischen Republik Iran wurden seit 1979 auch die etwa zwei Millionen sunnitischen Turkmenen an der Ausübung ihrer Kultur, Sprache und Religion gehindert. Die Arbeitslosigkeit beträgt in dieser Region mehr als 40%. Alle religiösen Minderheiten des Iran, Sunniten wie Zoroastrier (30.000), Juden (rund 25.000), Assyrer (noch etwa 15.000) und Armenier (noch einige tausend) werden durch den Staat zurückgesetzt oder diskriminiert.

Extremer Verfolgung sind die 300.000 Angehörigen der größten religiösen Minderheit des Iran, die Bahai, ausgesetzt. Sie werden der Gotteslästerung beschuldigt, schwere Menschenrechtsverletzungen wie Inhaftierungen, Folter und Hinrichtungen sind an der Tagesordnung. Hasspredigten, diffamierende Medienberichte, Beschlagnahme von Eigentum, Zerstörung von Friedhöfen und anderer heiliger Stätten haben in letzter Zeit zugenommen. Ihr Führungsgremium wurde im Frühjahr 2008 inhaftiert. Diesen Männern und Frauen droht die Todesstrafe.

Gemeinsam mit der Friedrich-Nauman-Stiftung veranstaltet die GfbV am kommenden Samstag, den 20. Juni 2009, von 9.00 bis 17.00 Uhr in Frankfurt am Main die Konferenz "Nationalitätenfrage und Demokratie im Iran" mit Repräsentanten zahlreicher Volksgruppen aus dem Iran. Anlässlich des 20. Jahrestages des Mordes an Abdulrahman Ghassemlou wird der GfbV-Vorsitzende Tilman Zülch am 1. Juli 2009 in Wien auf einer Gedenkfeier das Wort ergreifen.