Bozen, Göttingen, 22. Januar 2008
Mit
großer Bestürzung hat die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) gestern vom Tod des kurdischen
Studenten Ibrahim Lutfullahi aus der iranischen Provinz Kordestan
erfahren. Er kam Mitte Januar 2008 in der kurdisch-iranischen
Stadt Sanandadsch ums Leben, nachdem er bereits am 6. Januar von
Pasdaran (Revolutionswächtern) auf dem Rückweg von der
Universität nach Hause festgenommen worden war. "Seine
Familie geht davon aus, dass er in der Haft zu Tode gefoltert
wurde", erklärte Kamal Sido, Nahost-Referent der GfbV.
Wann genau Ibrahim Lutfullahi starb, sei nicht bekannt. Am 15.
Januar hätte ein Büro des Ministeriums für
Geheimdienste (MOIS) in Sanandadsch den Eltern mitgeteilt, dass
sie die Leiche Ihres Sohnes abholen sollen. Dann aber sei der
Leichnam noch vor dem Eintreffen der Eltern beerdigt worden, so
dass Folterspuren nicht mehr nachgewiesen werden konnten. "Dieses
Verhalten ist in Fällen, in denen die wirkliche Todesursache
von Gefangenen der Pasdaran verschleiert werden soll, keine
Seltenheit", meinte Sido.
Hintergrundinformation:
Im Vielvölkerstaat Iran leben neben Persern auch Aseri,
Kurden, Araber, Belutschen, Turkmenen, Assyroaramäer sowie
andere kleinere ethnische und religiöse Minderheiten. Die
nichtpersischen Nationalitäten stellen weit mehr als die
Hälfte der Gesamtbevölkerung. Als eigenständige
Völker mit eigener Sprache, Kultur und Geschichte werden sie
nicht anerkannt sondern im Iran bewusst als "ethnische Gruppen"
bezeichnet. Sie alle leiden unter Unterdrückung und
Diskriminierung. Das Siedlungsgebiet der Kurden im Iran umfasst
die vier Provinzen Kermanshah, Ilam, Westaserbaidschan sowie
Kurdistan im Westen des Landes und hat mit seinen 10 Mio.
Einwohnern eine Gesamtfläche von ca. 125.000 km2. Beinahe
98% der Kurden im Iran bekennen sich zum Islam. 75% von ihnen
sind Sunniten, 25% Schiiten. Menschenrechte, Demokratie und
regionale Selbstverwaltung für die Kurden in einem
demokratischen föderalen Iran - das ist das erklärte
Ziel der kurdischen politischen Parteien im Iran.
Die Pasdaran, bekannt auch als Revolutionsgarden der Islamischen
Revolution, ist eine iranische Militärorganisation, die von
dem 1989 verstorbenen iranischen Revolutionsführer Ajatollah
Chomeini 1979 gegründet wurde. Sie entwickelten sich zu
einer der wichtigsten Institution des Iran und haben die Aufgabe
die Kritiker der Islamischen Republik im In- und Ausland zu
bekämpfen. Auf ihr Konto gehen auch politische Morde in
Europa. So wurden durch ihre Mitglieder bzw. in Ihrem Auftrag Dr.
Abdul Rahman Ghassemlou Chef der Demokratischen Partei
Kurdistans- Iran am 13. Juli 1989 in Wien getötet. Auch das
sogenannte Mykonos-Attentat vom 17. September 1992, bei dem vier
kurdisch-iranische Exilpolitiker getötet worden sind, soll
von den iranisch Revolutionsgarden geübt worden sein.