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Internationaler Tag der indigenen Völker (9. August)

Indigene Gemeinschaften sind durch Klimawandel von neuen Krankheiten bedroht

Bozen, Göttingen, 8. August 2016

Sibirien: die Bedrohung der Umwelt bedroht auch die Kultur. Foto: Archiv GfbV. Sibirien: die Bedrohung der Umwelt bedroht auch die Kultur. Foto: Archiv GfbV.

Zum Internationalen Tag der indigenen Völker (9. August) möchte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an die durch den Klimawandel ausgelösten neuen Gefahren für die Gesundheit und das Überleben von indigenen Völkern erinnern. Die Erderwärmung ist mit höchster Wahrscheinlichkeit Auslöser von bislang unbekannten oder überwunden geglaubten Krankheiten wie die seit Ende Juli in Westsibirien ausgebrochene Milzbrandepidemie (Anthrax).

Der Erreger der Krankheit ist in Sibirien im vereisten Permafrostboden präsent und wurde nun durch die aussergewöhnliche Hitzewelle, bei der in der Jamal-Halbinsel in Russland bis zu 35°C registriert wurden, freigelegt. Der Wind hat die Sporen verweht, weidende Rentiere haben diese aufgenommen und dann an den Menschen übertragen. Die Infektionskrankheit taucht in dieser Region zum ersten mal seit 1941 auf und hat bisher den Tod eines 12-jährigen Jungen und die Infizierung von 10 Personen verursacht. Rund 90 Personen befinden sich in Quarantäne. Infiziert wurden insbesondere die Renntierhirten, nachdem in den letzten Wochen ungefähr 2.000 Renntiere an Anthrax gestorben waren. Fälle von Anthrax unter Rentieren wurden auch in Schweden registriert.

Wir wissen nicht, welche gesundheitlichen Risiken für Mensch und Tier noch im auftauenden Permafrostboden schlummern, aber weltweit sind Ureinwohner als Nomaden, Jäger und Sammler oder Gartenbauer besonders auf eine intakte und saubere Umwelt angewiesen. Sie verlieren ihre Existenzgrundlage, wenn die Natur aus dem Gleichgewicht gerät. Jede Kultur und Lebensweise, die zerstört wird und untergeht, ist ein großer Verlust für die gesamte Menschheit.

Auch in den Tropen sind indigene Gemeinschaften durch den Klimawandel vermehrt Krankheiten ausgesetzt, wie z.B. Malaria oder dem Zika-Virus, die von Stechmücken verbreitet werden. Viele Forscher befürchten, dass sich der Lebensraum von Mücken durch Regenwaldabholzung und Klimaerwärmung ausweiten wird. Durch die Erderwärmung erschließen sich ihnen neue Regionen auch in höheren Lagen, die bisher zu kalt waren. Wärmeres Klima bedeutet allgemein eine höhere Überlebenschance für Stechmücken.

Die Industrienationen sind für die rasante Beschleunigung der Erderwärmung verantwortlich. Deshalb müssen sie auch den indigenen Gemeinschaften, die erste Opfer des Klimawandels werden, schnelle Hilfe anbieten, forderte die GfbV.

Ureinwohner leben häufig in ökologisch sensiblen Rückzuggebieten, in denen besonders gravierende Auswirkungen des Klimawandels befürchtet werden. Zudem leiden sie vielerorts ohnehin schon unter unzureichender medizinischer Versorgung. Auch deshalb liegt die Lebenserwartung der Ureinwohner meist weit unter dem Durchschnitt der Mehrheitsbevölkerung.

Schätzungen zufolge gibt es weltweit rund 5.000 indigene Völker mit etwa 450 Millionen Angehörigen. Ihr Überleben ist in vielen Ländern durch eine intensive industrielle und wirtschaftliche Ausbeutung bedroht. Skrupellose Großgrundbesitzer, ehrgeizige Projekte zur Öl-, Gas- und Kohle-Förderung auf dem Land der Indigenen, die Errichtung von immer mehr Staudämme, die weite natürliche Landesteile zerstören, die Ausbeutung wertvoller Bodenschätze, rücksichtsloser Holzeinschlag, aber auch Drogen- und Waffenschmuggel sowie Bürgerkriege sind die Hauptverantwortlichen für den Tod, die Deportationen, die steigende Armut und den Hunger unter indigenen Völker.