In: Home > News > 10. Jahrestag des syrischen Aufstandes (4. März). Eine dramatische Bilanz
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Bozen, Göttingen, 25 Februar 2021
Flüchtlingslager in der Region Shahba, Nordaleppo, Nordsyrien. Foto: Kamal Sido / GfbV 2019.
Zum 10. Jahrestag des Aufstandes gegen den syrischen Diktator
Baschar al-Assad zieht die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) eine dramatische Bilanz. "In den ersten Jahren
nach dem Beginn der Revolte waren das Regime und seine
Verbündeten Russland und Iran für die schlimmsten
Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen
die Menschlichkeit verantwortlich", berichtet Dr. Kamal Sido,
Nahostexperte der GfbV. "Inzwischen tragen das NATO-Mitglied
Türkei und die von der Türkei unterstützten
islamistischen Milizen die Hauptverantwortung für Verbrechen
an der nicht-sunnitischen und nicht-arabischen Bevölkerung."
Dazu zählten die kurdischen, armenischen,
assyro-aramäisch-chaldäischen, christlichen,
drusischen, yezidischen sowie weitere Minderheiten des Landes.
Neben dem Regime in Damaskus begingen nahezu alle bewaffneten
Gruppen schwere Menschenrechtsverletzungen und
Kriegsverbrechen.
"Es vergeht kein Tag, an dem es nicht zu außergerichtlichen
Morden, Verhaftungen, Verschwindenlassen, Folter,
Zwangsumsiedlung und Vertreibung kommt", so Sido. "Die
internationale Staatengemeinschaft und der UN-Sicherheitsrat
scheinen sich mit dieser Tragödie abgefunden zu haben." Die
Forderungen der syrischen Bevölkerung nach Demokratie und
Freiheit seien inzwischen völlig in den Hintergrund
getreten. Die Menschen wollten nur noch eines: ein Ende des
Blutvergießens.
Nach Berichten verschiedener Menschenrechtsorganisationen sollen
allein im vergangenen Jahr 2020 rund 1.734 Zivilisten
getötet worden sein, darunter 326 Kinder und 169 Frauen. Es
kam zu 1.882 willkürlichen Verhaftungen, 157 Menschen sollen
zu Tode gefoltert worden sein. Auch 2020 wurden Hunderttausende
vertrieben oder mussten ihre traditionellen Wohnorte verlassen.
Für die meisten dieser Verbrechen sind weiterhin das Regime
in Damaskus und seine Verbündeten verantwortlich. Viele
Verbrechen gehen jedoch auf das Konto der Türkei und der
islamistischen Milizen, die sie unterstützt. Diese Milizen
oder ihre politischen Vertretungen erhalten auch
Rückendeckung von anderen NATO-Mitgliedern wie
Deutschland.
"Russland hat ein klar definiertes Ziel: die Aufrechterhaltung
des Regimes in Damaskus. Die NATO agiert derweil strategielos und
uneinig", erklärt Sido. Europas Mutlosigkeit und das
Irrlichtern der amerikanischen Regierung, insbesondere unter
Trump, sei für die Menschen vor allem in Nordsyrien zur
Katastrophe geworden. "Die kurdische und andere Volksgruppen in
Nordsyrien haben jahrelang westliche Werte wie ethnische und
religiöse Vielfalt, Frauenrechte und ein friedliches
Miteinander gegen den sogenannten ‚Islamischen Staat'
verteidigt und ein demokratisches Syrien nach Assad gefordert.
Der Westen, insbesondere Donald Trump und Angela Merkel, haben
sie ans Messer Erdogans geliefert", kritisiert Sido. "Diese
verfehlte Politik hat Putin, Erdogan, Assad und die syrischen
Islamisten gestärkt. Demokratische Staaten scheinen kaum
handlungsfähig. Und das Beschwören universeller
Menschenrechte kann in Nordsyrien nur zynisch wirken." Es sei
höchste Zeit, die westliche Syrien-Politik neu zu bewerten
und gegenzusteuern.
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2021/210118de.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2020/201203de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2020/201008de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2020/200512de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2020/200311de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2020/200116de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2019/191028de.html
| www.gfbv.it/3dossier/kurdi/afrin.html
| www.gfbv.it/3dossier/kurdi/rojava.html
| www.gfbv.it/3dossier/kurdi/nordsiria2017.html
in www:
www.gfbv.de/fileadmin/redaktion/Reporte_Memoranden/2016/Northern-Syria-research-trip-2016.compressed.pdf