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Gewalt in Syrien

Angriffe auf Minderheiten

Bozen, Göttingen, 12. Mai 2020

Flüchtlingslager in der Region Shahba, Nordaleppo, Nordsyrien. Foto: Kamal Sido / GfbV 2019. Flüchtlingslager in der Region Shahba, Nordaleppo, Nordsyrien. Foto: Kamal Sido / GfbV 2019.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert die fortdauernden Verbrechen des NATO-Mitglieds Türkei gegen Minderheiten in Nordsyrien. In den letzten Tagen hatten Berichte über Kriegsverbrechen des syrischen Regimes sowie Russlands gegen zivile Ziele international für Aufsehen gesorgt. "Gleichzeitig schweigen Partnerländer der Türkei wie Deutschland und die USA zu andauernden Menschenrechtverletzungen der Regierung Erdogan und seiner Unterstützung islamistischer Milizen. Diese Haltung macht die Syrien-Politik des Westens bei den betroffenen Menschen insgesamt unglaubwürdig", erklärt GfbV-Nahostexperte Dr. Kamal Sido.

Die GfbV informiere die deutsche Bundesregierung sowie andere NATO-Staaten regelmäßig über die als Kriegsverbrechen eingestuften Angriffe auf kurdische, christliche, yezidische und andere Volksgruppen in Nordsyrien. "Dennoch schweigen diese Regierungen zu den menschenverachtenden Praktiken der Türkei in Nordsyrien. Dadurch stärken sie ihr den Rücken.", so Sido. Die türkische Besatzungsmacht stelle die Wasserversorgung der Stadt Al Hasaka und anderer Ortschaften in Nordosten Syriens immer wieder komplett ein. Allein in dieser Gegend seien hunderttausende Menschen kurdischer, arabischer, assyrisch / aramäischer und armenischer Abstammung und muslimischen, christlichen und yezidischen Glaubens betroffen.

Die Türkei und die von ihr unterstützten syrisch-islamistischen Milizen halten weite Teile Nord- und Ostsyriens besetzt. In den Gebieten siedeln insbesondere kurdische, christliche, yezidische und alevitische Volksgruppen. "Die Provinzgouverneure sind de facto an die türkische Administration angebunden und werden von islamistischen Gruppen kontrolliert, die ebenfalls aus Ankara gesteuert werden", erläutert Sido. "Diese Milizen bestehen zum Großteil aus den Überresten des IS, der ehemaligen Al-Nusra-Front, aber auch aus ganzen Dschihadistenmilizen wie Ahrar al-Sham oder Faylaq al-Sham." Es herrsche ein Klima der Angst: Entführungen, Folter und extralegale Hinrichtungen seien an der Tagesordnung. Unter den protürkischen Milizen komme es regelmäßig zu Kämpfen um Beute. Autobombenanschläge im Rahmen dieser internen Auseinandersetzungen hätten immer wieder verehrende Folgen für die Bevölkerung. So wurden am 29. April bei der Explosion eines Tanklasters auf einem Markt in Afrin mindestens 60 Menschen getötet. Die türkische Regierung beschuldigt kurdische Gruppen, andere Quellen vermuten protürkische islamistische Milizen als Täter. Kurdische Gruppierungen haben den Anschlag scharf verurteilt. "Diese Verhältnisse führen dazu, dass immer größere Teile der kurdischen, christlichen, yezidischen und alevitischen Bevölkerung die Region verlassen müssen", beobachtet Sido. "An ihrer Stelle werden der Türkei loyale Menschen radikal-sunnitischen Glaubens angesiedelt."