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Acholi in Nord-Uganda

Spätfolgen eines Bürgerkrieges

Von Ulrich Delius

Bozen, Göttingen, März 2010

Flüchtlingslager Pabbo Camp, eines der grössten Camps in Norduganda, ca. 63.000, Dezember 2005. Flickr: John & Mel Kots. Flüchtlingslager Pabbo Camp, eines der grössten Camps in Norduganda, ca. 63.000, Dezember 2005. Flickr: John & Mel Kots.

20 Jahre lang war Nord-Uganda Schauplatz einer der schlimmsten Bürgerkriege Afrikas. Die aufständische Lord’s Resistance Army (LRA) machte mit ihrem Terror gegen die Zivilbevölkerung weltweit Schlagzeilen. Tausende Kinder wurden von der Terrorgruppe verschleppt und als Kindersoldaten missbraucht. Im September 2006 schlossen die Regierung Ugandas und die LRA ein Waffenstillstandsabkommen und begannen Friedensverhandlungen. In den folgenden Monaten verlagerte die LRA ihre militärische Präsenz in den Südsudan und in den Kongo, wo sie seither die Bevölkerung mit Überfällen terrorisiert. Nord-Uganda kam endlich zur Ruhe, doch der Wiederaufbau ist nicht frei von Problemen. Vor allem die Bevölkerungsgruppe der Acholi klagt über Schwierigkeiten bei der Rückführung vieler Flüchtlinge in ihre Heimatdörfer.

Mehr als drei Jahre nach Ende des Bürgerkriegs in Nord-Uganda warten noch immer rund 190.000 zwangsumgesiedelte und vertriebene Acholi auf ihre Rückkehr in ihre alten Siedlungen. Vor allem Landkonflikte verhindern die Wiederansiedlung. Die meisten Acholi haben keine schriftlichen Eigentumsurkunden, da sie Land traditionell gemeinschaftlich bewirtschaften. Um Landkonflikte vor Gericht auszutragen, fehlt ihnen das Geld. So nimmt die Gewalt zwischen alten und neuen Siedlern zu. Es kommt zu Brandschatzungen, Morden und Überfällen. Zwielichtig ist die Rolle der Armee in den ungelösten Landkonflikten. Lokale Menschenrechtsorganisationen wie "Human Rights Focus" werfen führenden Militärs vor, die Vertreibung der Zivilbevölkerung während des Bürgerkrieges genutzt zu haben, um sich die Kontrolle hunderter Hektar Land zu sichern.

Ugandas Regierung weist diese Vorwürfe als unbegründet zurück und betont, 1,8 Millionen Kriegsflüchtlinge seien bereits erfolgreich zurückgeführt worden. Doch solche Zahlen täuschen Erfolge vor, die für viele Rückkehrer noch lange nicht selbstverständlich sind. Denn oft bekommen sie keinen Zugang zu Ackerland und wissen nicht, von was sie langfristig leben sollen. Vor allem Kriegswitwen werden von ihren Familienverbänden oft benachteiligt und an einer Bewirtschaftung der Felder gehindert. Die Welternährungsorganisation FAO stellte in ihrem Uganda-Bericht 2009 fest, dass zwar mehr als 50 Prozent der vertriebenen Acholi inzwischen in ihre Heimatdörfer oder in Übergangslager in ihren Ursprungsregionen zurückgekommen sind, jedoch seit Kriegsende nur 30 Prozent mehr Land bewirtschaftet wird. Der begrenzte Zugang zu Land führt dazu, dass noch immer vergleichsweise wenig Nahrung angebaut und geerntet wird.

Auch ist die Lage der Rückkehrer oft sehr unterschiedlich. Zwar sind mehr als 120 der ursprünglich 243 Flüchtlingslager inzwischen geschlossen worden. Doch konnten beispielsweise im Bezirk Gulu, der unmittelbar in der Kampfzone gelegen war, 20.000 der 32.000 Vertriebenen noch nicht wieder in ihre Dörfer heimkehren.

Rund zwei Millionen Zivilisten wurden von ugandischen Sicherheitskräften während des Krieges aus ihren Dörfern vertrieben und in Lagern interniert. Statt in den Camps Schutz zu bekommen, waren die Zivilisten dort sowohl dem Terror regulärer Soldaten als auch der LRA ausgesetzt. Jüngst veröffentlichte Studien gehen davon aus, dass rund 97 Prozent aller damaligen Todesfälle unter der Zivilbevölkerung auf die unmenschlichen Zustände in den Lagern zurückzuführen sind und nur drei Prozent durch LRA-Angriffe verursacht wurden.

Im Oktober 2007 hatte die Regierung Ugandas ein 606 Millionen US-Dollar (rund 407,8 Millionen Euro) umfassendes Wiederaufbau-Programm für den Norden des Landes beschlossen, das im Juli 2008 begann. Ausländische Geldgeber brachten 70 Prozent der benötigten Gelder auf. Als im Januar 2009 Finanzierungslücken offenbar wurden und die Regierung eine zeitweilige Aussetzung des Programms ankündigte, regte sich massiver Widerstand unter Parlamentsabgeordneten aus Nord-Uganda. Angesichts der Proteste musste sich Kampala um die Finanzierung der offenen Posten kümmern, sodass das Programm fortgesetzt werden konnte.

Aus pogrom-bedrohte Völker 258 (1/2010)