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Tibetanische FahneTibet

Alter Kultur droht Untergang

Ulrich Delius

Bozen, Göttingen, Juni 2005

INDEX

Alter Kultur droht Untergang | Wirtschaftsboom macht Tibeter ärmer | Keine Gewalt! Der Dalai Lama braucht Unterstützung | Die GfbV: Die Stimme Tibets bei den Vereinten Nationen | Religiöse Verfolgung und kulturelle Unterdrückung | Auch so können Sie helfen


Alter Kultur droht Untergang [ top ]

GfbV Menschenrechtsaktion. Foto: GfbVFür die Tibeter stehen die Uhren auf fünf vor zwölf: Ihre Jahrtausende alte buddhistische Kultur droht unterzugehen, da chinesische Siedler ihrem Land immer stärker ihre eigene Prägung geben. Jede Woche lassen sich mehrere tausend von ihnen in Tibet nieder. Angelockt von Versprechungen der chinesischen Regierung, siedeln sich die ungebetenen "Zuzügler" vor allem in den Städten an. Dort beherrschen die 7,5 Millionen Chinesen inzwischen Handel, Dienstleistungen und Verwaltung. Auch Heinrich Harrers Lhasa, die alte Hauptstadt Tibets, verliert mehr und mehr ihren Charakter: Traditionelle tibetische Stadtviertel müssen "sozialistischem" Städtebau weichen.

Schnellrestaurants, Internetcafés und Bordelle entstehen, breite Straßen und moderne Wohnblocks erleichtern den chinesischen Sicherheitskräften die Kontrolle der Bevölkerung. Schon stellen Han-Chinesen und Hui die Mehrheit der Einwohner Lhasas. Entlang der geplanten 1.100 Kilometer langen Eisenbahnlinie zwischen Lhasa und Gormo werden sich wieder zehntausende Neusiedler niederlassen. Pekings aggressive Siedlungspolitik ist wirksamer als die gewaltsame Unterdrückung jeglichen Widerstandes wie die Verhaftung von Nonnen und Mönchen, die friedlich Widerstand leisten. Denn Tibets Bevölkerungsstruktur wurde verändert, und die 5,5 Millionen Tibeter wurden zur Minderheit im eigenen Land gemacht.

Für den Dalai Lama ist diese Sinisierung die größte Gefahr für das Überleben Tibets. In einem Gespräch mit der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat er unsere Menschenrechtsorganisation gebeten, vor den katastrophalen Folgen der chinesischen Siedlungspolitik zu warnen. Unsere Proteste gegen die Zerstörung des "Weltkulturerbes" in Lhasa haben mit dazu beigetragen, dass die UNESCO, die Kultur-Organisation der Vereinten Nationen, Chinas "Sanierung mit Planierraupen" kritisierte. Doch die schleichende Zerstörung der tibetischen Kultur schreitet jeden Tag weiter voran.

Wirtschaftsboom macht Tibeter ärmer [ top ]

GfbV Menschenrechtsaktion. Foto: GfbVIn Lhasas Straßen pulsiert das Leben. Immer mehr Geschäfte und Banken werden in der tibetischen Hauptstadt eröffnet, deren Einwohnerzahl ständig steigt. Chinesische Zuwanderer profitieren besonders von dem Boom. Sie finden leicht Arbeit in der aufgeblähten Verwaltung oder in chinesischen Betrieben. Tibeter dagegen werden bei der Vergabe von Arbeitsplätzen benachteiligt.

Tibet zählt auch heute noch zu den ärmsten Regionen Chinas. Besonders schlimm ist die Situation in den ländlichen Gebieten, in denen 85 Prozent der Tibeter leben. Dort ist vom Wirtschaftsboom nicht viel zu spüren. Im Gegenteil: Seit 1992 wird die ländliche Bevölkerung in Tibet immer ärmer. Bauern in China verdienen durchschnittlich dreimal soviel wie Landwirte in Tibet.

Keine Gewalt! Der Dalai Lama braucht Unterstützung [ top ]

GfbV Menschenrechtsaktion. Foto: GfbVDer Dalai Lama genießt weltweit hohes Ansehen. Selbst Politiker sind von seinem lebenslangen beharrlichen Einsatz für Freiheit in Tibet beeindruckt. Zwar loben sie oft seinen Weg der absoluten Gewaltlosigkeit, doch konkret unterstützt haben sie sein Engagement kaum. Deshalb hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) der deutschen und europäischen Politik auch "Heuchelei" vorgeworfen.

Anlässlich des 70. Geburtstages des Dalai Lama am 6. Juli 2005 mahnten wir noch einmal eindringlich, jetzt die Chance wahrzunehmen und Peking zum Dialog mit dem Friedensnobelpreisträger zu bewegen. Denn nur dieser Dalai Lama wird es noch schaffen, die Tibeter friedlich zu einen und sie zur Annahme einer mit der chinesischen Führung ausgehandelten echten Autonomie zu bewegen.

Die GfbV: Die Stimme Tibets bei den Vereinten Nationen [ top ]

GfbV Menschenrechtsaktion. Foto: GfbVMit mehr als 25 mündlich vorgetragenen oder schriftlich eingereichten Stellungnahmen hat die GfbV bei den Vereinten Nationen (UN) auf die schweren Menschenrechtsverletzungen in Tibet aufmerksam gemacht, seit sie 1993 beratenden Status bei den UN zuerkannt bekam. Ehemalige politische Gefangene aus Tibet schilderten auf unseren Veranstaltungen, wie sie in chinesischer Haft gefoltert wurden. Sie berichteten über die Unterdrückung ihres Glaubens und machten so das Unrecht öffentlich, das in Tibet tagtäglich geschieht. "Die GfbV gibt uns Verfolgten bei den Vereinten Nationen eine Stimme", sagte kürzlich die Vorsitzende der Tibetischen Frauenorganisation, Tsering Yeshi. "Sie können sich gar nicht vorstellen, wie wichtig das für uns ist." Unser Engagement stört Chinas Regierende so sehr, dass sie seit mehreren Jahren versuchen, der GfbV den NGO-Status bei den UN wieder zu entziehen.

Seit ihrer Gründung 1968 engagiert sich die GfbV gegen die Unterdrückung und Verfolgung der Tibeter. Mit Unterschriften-, Postkarten- und E-Mail-Aktionen setzten wir uns für die Freilassung inhaftierter Tibeter ein, forderten ein Ende der Zerstörung ihrer Kultur und Religion und kämpften für den Erhalt der Altstadt Lhasas. Immer wieder drängten wir die EU, sich für einen Dialog zwischen der chinesischen Führung und dem Dalai Lama einzusetzen sowie die Freilassung des entführten Panchen Lama und anderer politischer Gefangener zu fordern.

Die GfbV hat mit ihren "Wahlprüfsteinen" einen Fragenkatalog entwickelt, mit dem die Haltung deutscher Politiker zu Menschenrechtsfragen - speziell auch zu Tibet - geprüft werden kann. Dem Internationalen Olympischen Komitee wollen wir einen 10-Punkte-Plan mit Empfehlungen an China vorlegen, der bei der Olympiade 2008 in Peking auch den Menschen im Reich der Mitte Fairness und Gerechtigkeit bringen soll.

Religiöse Verfolgung und kulturelle Unterdrückung [ top ]

China rühmt sich, mehr als 1.400 buddhistische Klöster wieder aufgebaut zu haben, die während der Kulturrevolution zerstört wurden. Doch in diesen Klöstern können die Tibeter heute ihren Glauben nicht frei praktizieren. Denn alle Nonnen und Mönche wurden systematisch gezwungen, sich schriftlich von ihrem religiösen Oberhaupt, dem Dalai Lama, zu distanzieren. 12.000 waren nicht dazu bereit. Sie mussten ihre Klöster verlassen. Die Behörden setzten überall willfährige Äbte ein, um sicherzustellen, dass es keinen Widerstand gegen die chinesische Herrschaft in Tibet gibt. Es wurde sogar verboten, Bilder des Dalai Lama zu besitzen. Den zweithöchsten religiösen Würdenträger Tibets, den Panchen Lama, ließ Peking vor zehn Jahren entführen. Er war erst sechs Jahre alt. Bis heute ist sein Schicksal unbekannt.

Der Druck auf die tibetische Kultur beginnt schon in den Schulen. Dort wird immer weniger Tibetisch unterrichtet. Tibetische Eltern werden gedrängt, ihre Kinder nur in Chinesisch unterrichten zu lassen, um ihnen eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Vor allem in den ländlichen Gebieten nimmt der Druck auf die Tibeter zu, sich assimilieren zu lassen. Die UN-Sonderberichterstatterin für Bildung, Katarina Tomasevski, beklagte kürzlich den drohenden Untergang der tibetischen Sprache.

Auch so können Sie helfen [ top ]

Konfrontieren Sie Politikerinnen und Politikern aller Parteien, die sich in Ihrem Wahlkreis zur Bundestagswahl stellen oder danach als Abgeordnete in den Bundestag einziehen, mit unseren beiliegenden "Wahlprüfsteinen". Fordern Sie sie auf, Ihre Antworten öffentlich zu machen und uns mitzuteilen, so dass wir die spätere Politik der Kandidatinnen und Kandidaten an ihren früheren Aussagen messen können. Wenn Sie selbst nicht aktiv werden können oder möchten, dann können Sie unsere Wahlprüfsteine weitergeben im Freundes- und Bekanntenkreis, in ihrer Nachbarschaft oder Gemeinde.

Die Themen


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/3dossier/asia/tibet.html | www.gfbv.it/3dossier/asia/china1.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040126de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/02-3/021108de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/02-3/021017de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/01-3/011206de.html

* www: www.gfbv.de/quickfind.php?doctype=&land_id=15 | www.hrichina.org | www.freetibet.org

Letzte Aktual.: 27.3.2006 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/3dossier/asia/tibet1.html | XHTML 1.0 / CSS / WAI AAA | WEBdesign: M. di Vieste; E-mail: info@gfbv.it.

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