Anlässlich der Wiederaufnahme des
Verfahrens gegen den russischen Panzeroberst Jurij Budanow
vor dem Militärgericht in Rostow am Don am morgigen
Freitag hat die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) vor einer Zunahme der Gewalt russischer
Militärs gegen Frauen in Tschetschenien gewarnt. "Weil
die Täter nicht mit einer Strafe rechnen müssen,
steigt die Zahl der Vergewaltigungen, Misshandlungen und
Morde an Tschetscheninnen gerade in der letzten Zeit",
erklärte die GfbV-Osteuropareferentin Sarah Reinke am
Donnerstag in Göttingen. "Diese Verbrechen an
schutzlosen Zivilisten müssen endlich geahndet
werden!"
Budanow wäre der erste Angehörige der russischen
Armee, der für ein schreckliches Verbrechen bestraft
würde. Er hatte im Mai 2000 eine 18- jährige
Tschetschenien vergewaltigt und erwürgt. Der Oberst
war zwar vor Gericht gestellt, in mehreren psychologischen
Gutachten dann jedoch für unzurechnungsfähig
erklärt worden. Nach Protesten auch der GfbV wird der
Fall nun wieder aufgerollt.
"Regelmäßig erreichen uns über schwerste
Menschenrechtsverletzungen an tschetschenischen Frauen",
sagte Sarah Reinke. So seien die 31- jährige
schwangere Aischat und ihr Mann am 14. Januar 2003 in einem
Lager des Basars von Grosny von Soldaten überfallen,
misshandelt und verschleppt worden. Bis heute sei ihr
Schicksal ungewiss, obwohl Verwandte und Nachbarn intensiv
nach ihnen gesucht hätten. Die mutige tschetschenische
Menschenrechtlerin und Bürgermeisterin von Alchan
Kala, Malika Umaschajewa sei am 1. Dezember 2002
kaltblütig hingerichtet worden. Sie hatte die
Verbrechen der Armee an Einwohnern ihrer kleinen Stadt
trotz mehrfacher Warnungen öffentlich benannt. Unter
dem Vorwand, den Schuppen in dem Hof ihrer Familie
durchsuchen zu wollen, hatten Soldaten sie aus dem Haus
geholt und hinterrücks erschossen.
Auch Budanow war sein Opfer Elsa Kungajewa von Soldaten
zugeführt worden, die die junge Frau aus dem Kreis
ihrer Familie gerissen hatten. Bevor die Tschetschenin
erwürgt wurde, kam es Untersuchungen von
Menschenrechtsorganisationen zufolge in dem Zelt des
Offiziers zu einer brutalen Vergewaltigung. Dieses
Verbrechen hat Budanow jedoch nie zugegeben. Statt dessen
behauptete er, seine beiden Untergebenen hätten die
Leiche geschändet.