Bozen, Göttingen, Srebrenica, 11. Juli 2003
Die internationale Gemeinschaft unternimmt so gut wie nichts,
um das trostlose Elend der in die Ruinen ihrer Häuser
zurückgekehrten Überlebenden von Srebrenica in
Ostbosnien zu lindern. Diesen Vorwurf hat die Gesellschaft
für bedrohte Völker International (GfbV) am achten
Jahrestag des Falls der ehemaligen ostbosnischen UN-Schutzzone
(11. Juli 1995) an serbische Einsatzgruppen erhoben. "Nötig
ist vor allem unbürokratische Überlebenshilfe für
einen Neuanfang aus eigener Kraft. Die Rückkehrer - meist
die Frauen, Schwestern oder Töchter der mindestens 8.000
ermordeten Männer von Srebrenica und ihre Kinder - brauchen
eine Kuh, ein paar Schafe oder Ziegen, Geld für die
Reparatur ihrer Häuser, für die Errichtung kleiner
Betriebe für die Herstellung von Viehfutter, einer
Hühnerfarm oder einer Fleischerei", sagt der Präsident
der GfbV International, Tilman Zülch. Meist seien nur
geringere Summen erforderlich, um den Menschen schnell und
wirksam eine sinnvolle Starthilfe zu geben. Drei Viertel der
Einwohner der ehemaligen Schutzzone waren Bergbauern. Die GfbV
wirbt bei Persönlichkeiten, Institutionen und
Hilfsorganisationen um Spenden für kleinere
landwirtschaftliche Projekte sowie den Ankauf von
Bienenvölkern für die Imkerei, von Vieh,
landwirtschaftlichen Geräten, Saatgut und
Düngemitteln.
Die Mitarbeiterinnen der bosnischen GfbV-Sektion aus Sarajevo
verteilten im Winter 2002/2003 in den Dörfern der Bergregion
um Srebrenica Hunderte Lebensmittelpakete an notleidende
Rückkehrer, die die kalte Jahreszeit in
Bretterverschlägen, Zelten und Ruinen durchstehen mussten.
Inzwischen unterhält die internationale
Menschenrechtsorganisation eine Vertretung in Srebrenica, die das
Selbsthilfeprojekte mit anregt, Eigeninitiativen bestärkt
und Spendenmittel weitergibt. Unterstützt werden zurzeit
unter anderem geplante Projekte für die Milchvieh-, Schaf-
und Ziegenhaltung, ein Legehennen- und ein
Hähnchenmastbetrieb, die Errichtung einer Champignonzucht
und einer Anlage für die Produktion geräucherter Wurst-
und Fleischwaren. Hervorzuheben ist dabei die Unterstützung
des deutschen Hilfswerkes "Muslime helfen e.V.", der
österreichischen Organisation "Bauern helfen Bauern" und das
vorbildliche Engagement des kleinen Staates Luxemburg.
Zur Unterstützung von Restfamilien und Alleinstehenden
werden außerdem einzelne trächtige Muttertiere
angekauft, deren Milch, Wolle oder Fleisch den Rückkehrern
eine bescheidene Überlebenshilfe ist. Eine
hochträchtige Milchkuh kostet etwa 750 Euro, ein Schaf 200
Euro, eine Ziege rund 150 Euro und 400 Legehennen etwa 380
Euro.