Bozen, Göttingen, 22. Juli 2003
Die Gesellschaft für bedrohte Völker International
(GbfV) begrüßt die Verabschiedung des neuesten
Amnestiegesetzes in der Türkei, warnt aber vor einer neuen
Täuschung der internationalen Öffentlichkeit: "Dies ist
das dritte Amnestiegesetz innerhalb von zwei Jahren. Die beiden
Vorgängergesetze haben keine Wirkung gezeigt. Nur wenn die
etwa 6.500 politischen Gefangenen kurdischer Nationalität in
der Türkei von dem Gesetz profitieren, kann es als ernst
gemeinter Schritt hin zu einer Aussöhnung mit der kurdischen
Volksgruppe in der Türkei gewertet werden", erklärte
der Präsident der GfbV International, Tilman Zülch, am
Freitag in Göttingen.
Diese 6.500 politischen Gefangenen hätten in ihrer
großen Mehrzahl keinerlei Gewalt angewandt, sondern seien
aufgrund des berüchtigten "Terrorparagraphen" schon wegen
des Aufhängens von kurdisch-sprachigen Plakaten oder
pro-kurdischen Demonstrationen verhaftet worden. "Prüfstein
für die Glaubwürdigkeit der Amnestie ist weiterhin auch
das Schicksal der ehemaligen kurdischen Parlamentarierin Leyla
Zana. "Nur ihre sofortige Freilassung und die der 6.500 anderen
Gefangenen kann die berechtigten Zweifel an dem Gesetz aus dem
Weg räumen", sagte Zülch. Leyla Zana hatte ihren Eid
auf die Verfassung in türkischer und kurdischer Sprache
geleistet. Darauf wurde die Mutter zweier kleinen Kinder wegen
"Hochverrats" zu 15 Jahren Haft verurteilt.
Als Mitglied des Europarates und EU-Bewerberin ist die
Türkei der einzige europäische Staat neben Russland,
der Tausende Angehörige einer nationalen Minderheit
inhaftiert hat. Die russische Regierung hält Tausende
Tschetschenen in Lagern gefangen.