Bozen, Göttingen, 22. August 2003
Der als "Chemie-Ali" bekannt gewordene Cousin des irakischen
Diktators Saddam Hussein, Ali Hassan el Maschid, muss wegen
furchtbarer Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor ein
unabhängiges internationales Tribunal gestellt werden. Das
hat die Gesellschaft für bedrohte Völker International
(GfbV) am Freitag gefordert. Mit "Chemie Ali" müssten die
Führung der deutschen Firmen Karl Kolb GmbH und Pilot Plant
aus Dreieich in Hessen sowie führende Persönlichkeiten
von bis zu 60 weiteren deutschen Unternehmen, die sich am Aufbau
der irakischen Giftgasindustrie beteiligt haben, zur
Verantwortung gezogen werden.
"Die Verantwortung Ali Hassan el Maschids geht weit über den
Giftgasmord an 5.000 Einwohnern der Stadt Halbaja 1988 hinaus",
sagte der Präsident der GfbV International, Tilman
Zülch. Bereits 1987 habe "Chemie Ali" systematische
Giftgasangriffe auf zahlreiche kurdische und
assyro-chaldäische Bergdörfer des Nordirak
geführt. Zudem habe die irakische Armee dann Hunderte von
Siedlungen eingekreist und die Überlebenden deportiert.
Zehntausende seien bei Massenerschießungen liquidiert
worden. Insgesamt seien diesen Operationen unter Oberbefehl el
Maschids nach verschiedenen seriösen Schätzungen
zwischen 150.000 und 182.000 Kurden zum Opfer gefallen, unter
ihnen auch christliche Assyro-Chaldäer. Diese Verbrechen
seien von den Tätern akribisch dokumentiert worden: Es
existieren 14 Tonnen Material, die von kurdischen
Freiheitskämpfern sichergestellt wurden. Im Frühjahr
1991 habe Ali Hassan el Maschid in einem Gespräch mit
kurdischen Unterhändlern persönlich eingeräumt,
dass er mit seiner Offensive 100.000 Kurden vernichtet hat.
Zynisch habe er hinzugefügt: Mehr seien es nicht gewesen,
berichtete Zülch.
Die beiden Firmen Pilot Plant und Karl Kolb GmBH haben vor allem
den Aufbau der Giftgasanlagen im irakischen Samarra
vorangetrieben. Die GfbV hatte die Karl Kolb GmbH und Pilot Plant
bereits im April 1987 öffentlich beschuldigt, für die
Vernichtung von Tausenden Kurden und christlichen Assyrern die
Mitverantwortung zu tragen. Das Bonner Landgericht hatte der GfbV
bei einer Androhung von zweimal 500.000 DM Bußgeld am 4.
August 1987 untersagt, diese Beschuldigungen zu wiederholen. Das
Kölner Oberlandesgericht hatte diesen Richterspruch im 11.
Januar 1988 aufgehoben.