Bozen, Göttingen, Berlin, 18. September 2003
Das Flüchtlingscamp Bella in Inguschetien mit bis zu
1.186 geflohenen Zivilisten aus Tschetschenien wurde am Mittwoch
von der Außenwelt abgeriegelt. Diese beunruhigende
Nachricht erreichte die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) in Göttingen am Donnerstag. Die
Menschenrechtsorganisation appellierte sofort dringend an die
Bundesregierung, sich bei der russischen Regierung für die
Flüchtlinge einzusetzen und sich gegen ihre drohende
Vertreibung zu wenden. "Offensichtlich soll die Zeltstadt unter
Ausschluss der Öffentlichkeit aufgelöst werden, um die
Menschen nach Tschetschenien zurückzutreiben. Denn bei
Passkontrollen wurden sie bereits massiv unter Druck gesetzt,
Inguschetien zu verlassen", heißt es in dem Schreiben der
GfbV. In Tschetschenien seien sie jedoch großer Gefahr
für Leib und Leben ausgesetzt.
Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten
Nationen UNHCR leben zurzeit noch 98.000 Flüchtlinge aus
Tschetschenien in Inguschetien, 17.000 von ihnen in großen
Zeltstädten wie Bella. Dort sind nach Angaben des
inguschetischen Migrationsdienstes 696 Personen untergebracht.
Zählungen der Flüchtlinge zufolge leben in Bella jedoch
1186 Menschen.
"Selbst das intensive Engagement des UNHCR hält Moskaus
Marionette Achmed Kadyrow nicht davon ab, mit aller Gewalt zu
versuchen, die äußeren Anzeichen für den Krieg in
Tschetschenien, die großen Flüchtlingslager, zu
beseitigen", sagte die GfbV-Europareferentin Sarah Reinke. Der
pro-russische Verwaltungschef Tschetscheniens und einziger
aussichtsreicher Kandidat für die
Präsidentschaftswahlen in Tschetschenien am 5. Oktober 2003
hatte der Nachrichtenagentur Interfax schon am 13. August
mitgeteilt, die Lager in Inguschetien sollten bis zum 1. Oktober
verschwunden sein.