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24 April 1915 - 2004 / Tag der Erinnerung

Armenier 1915 - Verfolgung, Vertreibung, Vernichtung
Armenien 2004 - Bedrohte Minderheit

Bozen, 19. April 2004

Die Gesellschaft für bedrohte Völker - Südtirol (GfbV) hat in einem Offenen Brief verschiedene italienische Institutionen gebeten, sich für die Anerkennung des 24. April als Tag der Erinnerung an den Völkermord der Türkei an den Armeniern zu engagieren. Italien soll sich in der EU, im Europarat und in der UNO dafür einsetzen, dass die armenischen Völkermordopfer endlich anerkannt werden. Als Beispiel dafür gilt der 28. Januar, der Tag der Befreiung der jüdischen Insassen des KZ Auschwitz durch die Rote Armee. Am 28. Januar gedenkt die Welt der sechs Millionen jüdischen Opfern des Nationalsozialismus. Auch die Armenier der Türkei wurden zwischen 1915-1918 Opfer eines - bisher von der Türkei vehement - geleugneten Völkermordes.

Die systematische Ausrottung wurde am 24. April 1915 mit Deportationsbefehlen der Jung-Türken eingeleitet, zwei Millionen Armenier kamen bei den Massakern seit 1894 ums Leben. Der Völkermord der Jung-Türken an den Armeniern (unter Mithilfe des Deutschen Reiches) galt dem Dritten Reich als Vorbild. Adolf Hitler befahl seinen Truppen, ob SS oder Wehrmacht, gnadenlos gegen slawische und jüdische Europäer vorzugehen, sie auszurotten. Denn, "wer erinnert sich schließlich noch an die Ausrottung der Armenier?".

Der Türkei ist es bisher offensichtlich gelungen, ihren Völkermord an den Armeniern aus dem Gedächtnis der Weltöffentlichkeit zu tilgen. Genauso die Vertreibung der Assyrer und der Griechen an der türkischen Mittelmeerküste. Unter an den Augen der Weltöffentlichkeit führte die Türkei einen brutalen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung. Tausende zerstörte Dörfer, Hunderttausende Vertriebene waren die Folge.

Der Nato-Partner Türkei konnte 1974 ungehindert Zypern besetzen, 200.000 griechische Zyprioten vertreiben und die Insel teilen. Dieses Land, in dem der erste Völkermord im vergangenen Jahrhundert stattfand, will der EU beitreten. Eine der Voraussetzungen muss die Anerkennung dieses Völkermordes sein - der 24. April soll deshalb international zum Tag des Erinnerns werden. Keine Aufnahme der Türkei in die EU, solange Reformen für Kurden und Christen nur auf dem Papier existieren!

Angesichts der anhaltenden Politik der Verfolgung der 15 - 20 Millionen Kurden und der fortdauernden Unterdrückung ihrer Sprache und Kultur sowie der ungebrochenen Diskriminierung christlicher Minderheiten appelliert die Gesellschaft für bedrohte Völker an die italienische Regierung, die Aufnahme der Türkei in die Europäische Union derzeit nicht zu unterstützen.

Die nach 15 Jahren türkisch-kurdischem Bürgerkrieg (1984 bis 1999) verkündeten Reformen für die größte nationale Minderheit eines europäischen Landes existieren nur auf dem Papier. Die Zulassung der kurdischen Sprache in Medien und im Schulunterricht, die Amnestie für die 6500 politischen Gefangenen, die Rückkehr der 2,5 Millionen aus ihren Dörfern vertriebenen Bauern wurden nicht einmal im Ansatz verwirklicht. Eine chauvinistische Kampagne des türkischen Erziehungsministeriums gegen christliche Minderheiten widerspricht der offiziell verlautbarten Toleranz gegen religiöse Minderheiten.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker verurteilt im Einzelnen, dass

- 2003 die Menschenrechtsverletzungen in Ostanatolien mit unverminderter Härte von türkischen Sicherheitskräften fortgesetzt wurden (105 Tote bei bewaffneten Auseinandersetzungen, 84 Opfer extralegaler Hinrichtungen, 502 Fälle von Folter etc.);
- die versprochenen Radio- und Fernsehprogramme in kurdischer Sprache ebenso wenig umgesetzt wurden wie die zugesagten Angebote von Sprachkursen, geschweige denn die Aufnahme des Kurdischen in den Schulunterricht;
- nach wie vor 6500 kurdische politische Gefangene wegen wirklichen oder angeblichen Engagements für "separatistische Ziele" bis heute inhaftiert und nicht in die Amnestie einbezogen sind, unter ihnen die kurdische Sacharow-Preisträgerin Leyla Zana mit drei ihrer Parlamentskollegen, deren Freilassung nach 10jähriger Haft erneut von einem türkischen Staatssicherheitsgerichtshof abgelehnt wurde;
- die Türkei nicht einmal in Ansätzen die Rückkehr von 2,5 Millionen völlig verarmten, medizinisch und schulisch kaum betreuten, von türkischen Sicherheitskräften vertriebenen Bauern in ihre 3.428 zerstörten Dörfer realisiert hat;
- das türkische Erziehungsministerium bei Neuauflagen türkischer Schulbücher im Jahre 2003 christliche Minderheiten wie Armenier, Assyrer/Aramäer oder Pontos-Griechen als Spione, Verräter und Barbaren diffamiert und den Aramäischunterricht und den Minderheitenstatus der Aramäer nicht offiziell anerkennt.


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040223de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040121de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/01-3/011221de.html | www.gfbv.it/3dossier/armeni/010720armeni.html | www.gfbv.it/3dossier/war/gutman-rieff.html#r3 | www.gfbv.it/3dossier/kurdi/kurtur-de.html

* www: www.ess.uwe.ac.uk/genocide/armenia.htm | www.armenian-genocide.org | www.cilicia.com/armo10.html | www.crimesofwar.org

Letzte Aktual.: 19.4.2004 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040419de.html | XHTML 1.0 / CSS | WEBdesign, Info: M. di Vieste
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