Göttingen, Wien, Bern, Luxemburg, Bozen, Sarajevo, 1. Juli 2004
Als ersten aber völlig unzureichenden Schritt hat die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) heute die
Absetzung von 59 hochrangigen serbisch-bosnischen Politikern und
Beamten begrüßt. "Nun muss konsequent auch deren
Serbische Demokratische Partei SDS verboten werden, die neun
Jahre lang die Festnahme von Kriegsverbrechern in der so
genannten "Republik Srpska" verhindert hat", forderte der
Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker -
International Tilman Zülch heute in Göttingen.
"Außerdem muss die Republik Srpska umgehend aufgelöst
und Bosnien nach Schweizer Modell in Kantone aufgegliedert
werden. Anders lässt sich die ständige Diskriminierung
der bislang relativ wenigen nicht- serbischen Rückkehrer in
die "Republik Srpska" nicht beenden und die Rücksiedlung von
noch etwa 1,5 Millionen Menschen nicht realisieren", sagte
Zülch.
"Die Führungskader der 1990 von dem mutmaßlichen
serbisch-bosnischen Kriegsverbrecher Karadzic gegründeten
Partei SDS haben zwischen 1992 und 1995 die ethnische
Säuberung Nord-, Ost und Westbosniens gnadenlos
durchgesetzt. Sie sind für die Einrichtung von
Konzentrations- und Vergewaltigungslagern, für die
Einschließung und vierjährige Beschießung
Sarajevos (11.500 Tote), die Liquidierung von mindestens 7294
Knaben und Männern in Srebrenica und die Vernichtung von
insgesamt 200.000 Bosniern (zu über 90 Prozent Muslime)
verantwortlich. Es war ein unentschuldbarer Fehler, auf dem
ethnisch gesäuberten, bis dahin multi-ethnischen Territorium
einen chauvinistischen serbischen Teilstaat zu errichten, der
niemals in der bosnischen Geschichte existiert hat."
Die GfbV-International ist mit einer Sektion und zwei Büros
(Sarajevo und Srebrenica) in Bosnien vertreten. Sie hat als erste
europäische Menschenrechtsorganisation den Genozid seit
Anfang 1992 akribisch dokumentiert und publiziert, dabei eng mit
der UN-Untersuchungskommission unter Cherif Bassiouni, dem
Tribunal in Den Haag und dem BKA zusammengearbeitet und diesen
seinerzeit Listen mit den Namen von zehntausenden Opfern und
eineinhalb tausend mutmaßlichen Tätern
überreicht. Eine letzte Dokumentation in Buchform nach der
Aufnahmen von 1000 Augenzeugenberichten entstand 1999 über
Kriegsverbrechen in der Herzegowina und wurde dem Tribunal zur
Verfügung gestellt. Im Vorstand der GfbV-Bosnien sind alle
Opferverbände sowie alle religiösen und ethnischen
Gemeinschaften des Landes vertreten.