Bozen, Göttingen, 1. September 2004
Tilman
Zülch wurde am 2. September 1939 in Deutsch-Libau im
Sudetenland geboren. Der Völkermord in Biafra 1968
führte ihn, damals Student der Volkswirtschaft und Politik
in Hamburg, dazu, sich der Probleme Völkermord, Vertreibung
und Rassismus anzunehmen. 1970 ging aus der Aktion Biafrahilfe
die Gesellschaft für bedrohte Völker hervor, die seit
1993 beratenden Status beim Wirtschafts- und Sozialrat der
Vereinten Nationen hat.
Der deutsche Sitz der internationalen Menschenrechtsorganisation
ist seit 1978 in Göttingen. Zu den Prinzipien der GfbV
gehört ihre politische und ideologische Unabhängigkeit,
die von 8000 Mitgliedern und 20.000 Unterstützern garantiert
wird. Die GfbV engagiert sich für bedrohte ethnische und
religiöse Gemeinschaften aller politischen Systeme und
Kontinente. Tilman Zülch, Präsident der
GfbV-International und seit 2000 Generalsekretär der
GfbV-Deutschland, versteht Menschenrechtsengagement als
kämpferischen Einsatz für verfolgte Minderheiten:
"Leitlinie der Menschenrechtsarbeit der GfbV war von Anfang an
das Motto Auf keinem Auge blind". Neben zahlreichen Ehrungen und
Auszeichnungen wie dem Geo-Umweltpreis, dem Silberorden der
Republik Bosnien-Herzegowina, diversen Menschenrechtsmedaillen
oder dem Göttinger Friedenspreis, erhielt Zülch auch
das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Durch Menschenrechtskampagnen und mit Buchpublikationen sowie
internationale Medienarbeit machte er den lange Zeit tabuisierten
Genozid an den Sinti und Roma im Dritten Reich zum Thema. 1987/88
und 1990/91 engagierte er sich gegen die deutschen Firmen "Pilot
Plant" und "Karl Kolb", die am Aufbau einer irakischen
Giftgasindustrie beteiligt waren. Im August 1987 wurde die GfbV
vom Bonner Bezirksgericht mit einer Strafe von zwei Mal DM
500.000 für den Fall der "wiederholten Verleumdung" der
beiden Firmen belegt. Die verantwortlichen Firmenleiter wurden
drei Jahre später in Untersuchungshaft genommen. Schon Ende
1992 lieferte die GfbV die Namen von 25.000 muslimischen
Genozidopfern und 1350 mutmaßlichen serbischen Tätern
an die Bassiouni-Kommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen
im Bosnien-Krieg.
Unmissverständlich stellt Zülch klar: "Deutsche
Vergangenheitsbewältigung darf nicht dazu führen,
andere historische Verbrechen wie die des Stalinismus und der
Massenvertreibungen nach 1945 und nicht zuletzt die furchtbaren
Gräuel der Kolonialmächte zu tabuisieren oder heutigen
Genozid klein zu reden". Er weiß sich dabei
unterstützt von einer Vielzahl von öffentlich bekannten
Persönlichkeiten aus Politik Wissenschaft und Kultur. Vor
allem Günter Grass, Martin Walser, Rita Süssmuth,
Freimut Duve, Simon Wiesenthal, Ralf Giordano, Christian
Schwarz-Schilling und Ernst Tugendhat zählen dazu, in der
Vergangenheit auch der Friedensforscher Robert Jungk und der
Philosoph Ernst Bloch.
Ein weltweit gespanntes Kommunikationsnetz von Journalisten,
Missionaren, Menschenrechtlern und Mitarbeitern von
Hilfsorganisationen ermöglicht diesen Einsatz für
bedrohte Mitmenschen. Die GfbV-International hat Sektionen in
Deutschland, Österreich, Bosnien-Herzegowina, Chile, der
Schweiz, Italien/Südtirol und Luxemburg sowie Vertretungen
in London und New York.