Bozen, Göttingen, 15. November 2004
Nach der Ausrufung eines einwöchigen Waffenstillstandes
in Uganda hat die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) am Montag an Außenminister Joschka Fischer
appelliert, diese Chance für die Beendigung der schlimmsten
vergessenen Tragödie Afrikas zu ergreifen und sich für
ein Ende des Mordens durch Kindersoldaten einzusetzen. Europa
solle sofort Hilfe und Vermittlung in diesem Bürgerkrieg
anbieten, sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Die
ugandische Regierung hatte am Sonntag verkündet, die Waffen
ruhen zu lassen, um die Bedingungen für die Aufnahme von
Friedensverhandlungen mit der aufständischen Lord's
Resistance Army (LRA) zu klären.
Europa solle sich bereit erklären, Friedensgespräche
zwischen den Konfliktparteien in Uganda zu organisieren, forderte
die GfbV in einem an Minister Fischer und den
EU-Ratsvorsitzenden, den niederländischen
Außenminister Bernard Bot, gerichteten Appell. Denn ohne
Hilfe von außen drohe der kleine Funke Hoffnung auf einen
Frieden zu erlöschen. Nur widerwillig habe sich die
ugandische Regierung, die auf eine militärische Lösung
des Konfliktes im Norden des Landes setze, zu dem kurzen
Waffenstillstand durchgerungen. Nun müsse die knappe Zeit
genutzt werden, um die ugandische Regierung zur Aufnahme von
Gesprächen mit der LRA in Europa zu drängen. Die LRA
habe bereits Interesse an Verhandlungen in den Niederlanden
signalisiert.
Mehr als 20.000 entführte Kinder, die von der LRA als
Kindersoldaten missbraucht würden und 1,6 Millionen
Binnenflüchtlinge, die vor den Kämpfen im Norden des
Landes geflohen seien, warteten dringend auf ein Ende des seit 18
Jahren andauernden mörderischen Bürgerkrieges. Die Lage
in den Flüchtlingslagern werde immer katastrophaler. So
seien im Oktober im Lager Pabbo drei Menschen an Cholera
gestorben, weitere 80 Personen seien mit der Seuche infiziert.
Die Todesraten seien äußerst alarmierend mit
durchschnittlich 2,8 Toten täglich pro 10.000 Lagerinsassen.
Die meisten Flüchtlinge seien traumatisiert von den
Menschenrechtsverletzungen, die sie miterleben mussten. Doch auch
die Camps böten ihnen keinen Schutz. So beklagte die
Ugandische Menschenrechtskommission erst letzte Woche, Frauen
würden in den Flüchtlingslagern von Regierungssoldaten
vergewaltigt, die sie eigentlich beschützen sollten.