Bozen, Göttingen, 6. Januar 2005
Die Zahl der Todesopfer in Aceh wird noch weiter drastisch
ansteigen, wenn die humanitäre Hilfe für die Flutopfer
nicht deutlich beschleunigt wird, warnt die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV). So warteten die mehr als 70.000
Bewohner der nur 40 Kilometer vom Epizentrum des Seebebens
entfernt gelegenen Insel Simeulue seit zehn Tagen auf
Nahrungsmittel, berichtete die Menschenrechtsorganisation am
Donnerstag. Indonesische Hilfsorganisationen machen die weit
verbreitete Bürokratie in den Behörden ihres Landes
dafür verantwortlich, dass die Hilfe die Bedürftigen
nicht schneller erreicht.
Am Mittwoch hatte sich der stellvertretende Bürgermeister
der Insel Simeulue, Ibnu Abbas, mit einem dramatischen Appell an
eine indonesische Zeitung gewandt und vor einer Hungerkatastrophe
auf seiner Insel gewarnt. Dringend würden auch Medikamente
benötigt. Rund die Hälfte der 15.000 Häuser seien
von der Flutwelle und dem Erdbeben zerstört worden. Nachdem
die Regierung gehört habe, dass nur sechs Menschen von der
Flutwelle auf Simeulue getötet und 50 schwer verletzt worden
seien, seien keine Hilfstransporte für die Insel beschlossen
worden. Die Insel Simeulue ist der Westküste Acehs
vorgelagert.
Auch in anderen Teilen Acehs wächst unter der
Zivilbevölkerung die Kritik an der oft nur schleppend
eintreffenden humanitären Hilfe. Insbesondere an der
Westküste fehlt es in den meisten zerstörten
Dörfern und Städten noch immer am Nötigsten,
während sich auf den Flughäfen in Banda Aceh und Medan
die Hilfsgüter in Lagerhäusern stapeln. Die in der
Hauptstadt Jakarta ansässigen Hilfsorganisationen
"Kommission für humanitäre Not" und "Aceh
Arbeitsgruppe", die viel Erfahrung mit Nothilfe in Aceh haben,
kritisierten die schwerfällige Bürokratie Indonesiens
ebenfalls. Helfern werde ein enormer Papierkrieg
aufgebürdet, bevor sie sich in Aceh für das
Überleben der Zivilbevölkerung einsetzen
könnten.