Bozen, Göttingen, 30. Dezember 2004
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der
indonesischen Regierung und Armee am Donnerstag vorgeworfen, eine
wirksame humanitäre Versorgung der Zivilbevölkerung in
der Katastrophenregion Aceh zu verhindern. Erst fünf Tage
nach der Zerstörung weiter Landstriche sei die Region von
der indonesischen Regierung am Donnerstag für internationale
Helfer geöffnet worden, kritisierte die GfbV. Nur einen Tag
zuvor sei indonesischen Hilfsorganisationen die Arbeit in der
hermetisch von der Armee abgeriegelten Bürgerkriegsregion
gestattet worden. "Mit der viel zu zögerlichen Öffnung
Acehs für zivile Helfer wird das Überleben von
zehntausenden Menschen gefährdet", warnte der GfbV-
Asienreferent Ulrich Delius. Überall in Aceh werde Kritik an
der schleppenden Verteilung von Hilfsgütern durch die Armee
geäußert. Anders als in Indien mangele es auch an
einer wirksamen Koordinierung der Hilfsmaßnahmen.
"Die indonesische Armee ist offensichtlich weder Willens noch in
der Lage, die Zivilbevölkerung wirksam mit Hilfsgütern
und frischem Wasser zu versorgen", kritisierte Delius. "Es ist
ein Skandal, dass die Behörden fünf Tage nach der
Flutwelle noch nicht in der Lage sind, genauere Angaben über
das Ausmaß der Zerstörung an der besonders von der
Katastrophe betroffenen Westküste Sumatras zu machen." Eine
Armee, die vor kurzem noch den größten Teil der
Zivilbevölkerung in Aceh in Internierungslager einweisen
wollte und für ihre brutale Kriegführung
berüchtigt sei werde humanitäre Hilfe nicht wirksam
leisten, befürchtet Delius.
Kein Staat Südostasiens sei stärker von der Katastrophe
betroffen als Indonesien. Bislang seien in Aceh bereits 50.000
Opfer gezählt worden. Doch diese Zahl werde voraussichtlich
noch auf über 80.000 Tote ansteigen, da weite Teile der
Westküste der Provinz auf Sumatra von Hilfstrupps der
indonesischen Armee noch immer nicht erreicht wurden. Nach ersten
Erkundungsflügen mit Hubschraubern werde davon ausgegangen,
dass dort mindestens 75 Prozent aller Häuser zerstört
seien und eine gewaltige Zahl von Opfern zu beklagen sei.
"Deshalb muss die internationale Staatengemeinschaft Indonesien
mehr bei der Koordinierung der Hilfsbemühungen
unterstützen und auf eine schnelle Versorgung der
Notleidenden mit Hilfsgütern und Trinkwasser
drängen."