Bozen, Göttingen, 6. September 2005
Trotz der schrecklichen Bilder aus New Orleans dürfen die
Opfer humanitärer Krisen in Afrika nicht vergessen werden,
fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV).
Der Afrikareferent der Menschenrechtsorganisation, Ulrich Delius,
erinnerte am Dienstag daran, dass jede Woche in den
Kriegsgebieten im Norden Ugandas 1.000 Kinder, Frauen und
Männer an den Folgen von Krieg, Entkräftung,
Krankheiten und Unterernährung sterben. "Obwohl mehr als
30.000 Kriegsflüchtlinge seit Januar 2005 im Norden Ugandas
aufgrund von Gewalt und mangelhafter Versorgung sterben mussten,
interessiert sich kaum jemand für ihr Schicksal." Auch die
vom Hungertod bedrohten Nomaden in Niger bräuchten dringend
mehr Hilfe. "Fast jeden Tag erhalten wir Hilfsappelle von Tuareg,
die um Unterstützung bitten, weil ihre Viehherden verendet
sind", berichtete Delius. "Zehntausende Tuareg und Peul-Nomaden
stehen heute in der Sahelzone vor dem Nichts. Ohne langfristige
Hilfen droht diesen Völkern ihnen der Untergang."
Auch die jüngsten Regenfälle hätten an der
katastrophalen Lage der von der Viehzucht lebenden Nomaden in der
Sahelzone nichts geändert. Da ihre Herden weitestgehend
vernichtet seien, hätten sie ihre wirtschaftliche
Lebensgrundlage verloren. Die nun beginnende Getreideernte helfe
den Viehzüchtern langfristig nur wenig. Sie benötigten
besondere Förderprogramme, um ihre Viehherden wieder
aufzubauen. "Doch wenn die Weltöffentlichkeit sich nicht
für das Schicksal der Tuareg und Peul interessiert, wird es
auch keine langfristigen Hilfsprogramme für diese vom
Untergang bedrohten Nomadenvölker geben", warnte
Delius.
Der vergessene Konflikt im Norden Ugandas sei eine der
schlimmsten humanitären Katastrophen weltweit. Rund 1,6
Millionen Menschen hätten auf Anordnung der ugandischen
Behörden ihre Dörfer verlassen müssen, um in von
der Armee bewachten Flüchtlingslagern Schutz vor
Übergriffen der Rebellen der Lords Resistance Army (LRA) zu
suchen. Doch statt Sicherheit zu finden, sei die Lage in vielen
Lagern katastrophal. Statt die Flüchtlinge zu schützen,
plünderten und vergewaltigten Soldaten der regulären
Armee Ugandas. Mangelhafte Versorgung mit Nahrungsmitteln und
Medikamenten löse immer mehr Verzweiflung bei den
Flüchtlingen aus. So hätten im Juli alleine in einem
Flüchtlingslager 15 Menschen Selbstmord begangen.