Bozen, Göttingen, 22. August 2006
Anlässlich der Weltwasserwoche hat die Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag auf die
negativen Folgen des Merowe-Staudammes im Nordsudan hingewiesen.
Dort droht rund 50.000 Angehörigen der arabischen
Volksgruppen der Manasir, Amri und Hamadab an den Ufern des Nils
die Zwangsumsiedlung. Der im hessischen Bad Vilbel
ansässigen Firma Lahmeyer International, die den Bau des
Großstaudammes als Generalunternehmer geplant und
koordiniert hat, warf die Menschenrechtsorganisation
Mitverantwortung für die Vertreibungen vor.
"Lahmeyer International muss die Betroffenen jetzt zumindest bei
der Durchsetzung der Schadensersatzansprüche gegen die
sudanesischen Behörden unterstützen", forderte die GfbV
das Unternehmen in einem Schreiben auf. 850 Familien der
Volksgruppe der Amri haben am 7. August 2006 ihre Häuser
verloren, als ohne Vorwarnung damit begonnen wurde, das
Staubecken des neuen Großstaudammes zu fluten. Dabei wurden
bereits 15 Dörfer zerstört. Weitere zehn Dörfer
mit insgesamt 1350 Familien sind unmittelbar von der Flutung des
Staubeckens bedroht.
Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für
Menschenrechte im Sudan, Sima Samar, äußerte in
Khartum Besorgnis über die Vertreibung. Ein
Entschädigungsangebot der sudanesischen Regierung, die die
Betroffenen niemals in die Planung des Großprojekts
einbezogen hat, hatten die Vertriebenen am Montag als
unzureichend zurückgewiesen. Sie wehren sich auch gegen eine
Umsiedlung in unfruchtbare Wüstengebiete. Nachdrücklich
appellierten die Betroffenen an das Ausland, Hilfsgüter zu
senden, da mit der Flutung der Felder und Weiden die
Lebensgrundlage sowohl der Bauern als auch der Viehzüchter
zerstört wurden. Der Stausee soll insgesamt rund 174
Kilometer lang und vier Kilometer breit werden und die
Energieversorgung des Sudan verbessern.
In einem Ende Juni 2006 veröffentlichten 14-seitigen
Memorandum hatte die GfbV willkürliche Verhaftungen,
Massaker und weitere Menschenrechtsverletzungen beim Bau des
Merowe-Dammes dokumentiert. So waren bei Protesten gegen die
gewaltsame Umsiedlung am 22. April 2006 drei Staudammgegner von
Sicherheitskräften erschossen und 50 Personen verletzt
worden. Als am 30. September 2003 Sicherheitskräfte mit
scharfer Munition, Plastikgeschossen und Tränengas gegen
Frauen, Kinder und Männer bei einem Protest gegen
Zwangsumsiedlungen vorgegangen waren, waren die
Auseinandersetzungen eskaliert. Mehrfach wurden Staudammgegner
verhaftet und gefoltert.