Bozen, Göttingen, 27. März 2007
Mit großer Enttäuschung und
Unverständnis hat die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) auf die Entscheidung der Bundesregierung
reagiert, staatliche Exportgarantieren für den deutschen
Anteil am geplanten Ilisu- Staudamm im Südosten der
Türkei zu gewähren. "Dadurch trägt die
Bundesregierung Mitschuld an der unwiederbringlichen Vernichtung
der Jahrtausende alten Kulturgüter und einer einzigartigen
Landschaft", sagte der GfbV-Generalsekretär Tilman
Zülch. "Es ist erschütternd, dass dieselben deutschen
Politiker, die den Wiederaufbau der Frauenkirche unterstützt
und gepriesen haben, jetzt dieses zerstörerische Projekt in
dem überwiegend von Kurden besiedelten Gebiet gut
heißen, mit dem ein weitläufiges Denkmal aus
Höhlen, Gassen, Läden, Medresen und Kirchen für
immer verloren geht."
"Die Kurden und christlichen Assyro-Aramäer betrachten
Hasankeyf als unverzichtbaren Teil ihrer Identität, an der
sie hängen und die sie pflegen", meint der Nahostreferent
der GfbV Deutschland, Kamal Sido. Für die geplante
Aufstauung des Tigris sollen etwa 55.000 Menschen ihren Besitz,
ihre Felder und Weideflächen aufgeben und zwangsumgesiedelt
werden. Die GfbV befürchtet, dass die Betroffenen keine
nennenswerten Entschädigungen erhalten und in die
Elendsviertel der größeren Städte wie Diyarbakir,
Batman und Mardin ziehen werden. In den Fluten des 300
Quadratkilometer großen Stausees sollen außer der
Stadt Hasankeyf auch mindestens 73 Dörfer verschwinden.
"Dass wichtigste Kulturgüter in einen so genannten
Kulturpark umgesetzt werden sollen, ist geradezu
lächerlich", sagte Zülch. Wie soll man eine 6.000 Jahre
alte Höhle umsetzen und Gebäude, die nicht aus Stein
gemauert sind?"