Bozen, Göttingen, 22. November 2007
Anlässlich der feierlichen Ernennung des
Chaldäischen Patriarchen von Babylon zum Kardinal am
kommenden Samstag in Rom erklärt die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV): "Die Berufung von Seiner Seligkeit
Emmanuel III Delly ist eine Auszeichnung seines beispielhaften
Einsatzes für die im Süd- und Zentralirak verfolgten
und bedrängten christlichen
Assyrer-Chaldäer-Aramäer."
Lebten im Irak 1987 noch etwa 1,4 Millionen Christen, habe es bei
Kriegsbeginn 2003 nur noch etwa 650.000 gegeben, sagte der
GfbV-Nahostreferent Kamal Sido. Von diesen wiederum seien
mittlerweile drei Viertel aus ihrer Heimat vertrieben worden.
Emmanuel III Delly sei ein unermüdlicher Fürsprecher
der irakischen Christen, die vor Terror und Zerstörung
fliehen müssten, berichtete die GfbV-Sektion Kurdistan/Irak
mit Sitz in Arbil und appellierte an die internationale
Staatengemeinschaft, allen voran an die christliche Welt,
Irakisch-Kurdistan als letzte Fluchtburg für Iraks Christen
auch vor Angriffen des NATO-Partners Türkei zu
schützen.
Emmanuel III Delly hat in einem Zeitungsinterview am 20.
November die Regierungen in Europa, Australien und in den USA
dazu aufgerufen, die irakischen Christen zu unterstützen.
"Irakische christliche Flüchtlinge müssen vor Ort, in
Irakisch-Kurdistan, wo es sicher ist, wirtschaftliche Hilfe
erhalten. Nur so können sie in ihrer Heimat bleiben". Seine
Seligkeit Emmanuel III Delly wird am 24. November bei einem
feierlichen Konsistorium zum Kardinal kreiert. Die Entscheidung
für seine Berufung wurde am 17. Oktober 2007 durch Papst
Benedikt XVI bekannt gegeben. Zu der offiziellen Zeremonie ist
auch der kurdische Minister für Religionsangelegenheiten,
Scheikh Muhammed Schakely nach Rom eingeladen worden. Dies wird
als Anerkennung für Bemühungen der Regionalregierung
Irakisch Kurdistans bei der Aufnahme von christlichen
Flüchtlingen, für die Glaubensfreiheit und Toleranz in
im Nordirak bewertet.
Hintergrundinformation
Das Oberhaupt der chaldäischen Kirche Emmanuel III Delly
wurde am 6. Oktober 1927 in Telkaif in der so genannten
Ninvehebene nicht weit von der Provinzhauptstadt Mosul im
Nordosten des Irak geboren. Der Geburtsname des Patriarchen ist
Karim Geries Mourad Delly. Nach dem Studium in Mosul und Rom
wurde er am 21. Dezember 1952 zum Priester geweiht. Emmanuel III
Delly ist Lizentiat der Philosophie und Doktor der Theologie und
des kanonischen Rechts. In den Irak kehrte er 1960 zurück.
Dort wurde er Generalsekretär des damaligen Patriarchen
Paulus II Cheikho.
Nachdem Emmanuel III Delly 1962 zum Patriarchalvikar erhoben
worden war, empfing er im Dezember die Bischofsweihe und nahm am
Zweiten Vatikanischen Konzil (11. Oktober 1962 bis zum 8.
Dezember 1965) teil. Es wurde von Papst Johannes XXIII mit dem
Auftrag zu pastoralem und ökumenischem Denken einberufen.
Mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Lebensjahren legte Emmanuel
III Delly am 19. Oktober 2002 sein Amt nieder. Am 3. Dezember
2003 einigte sich die Synode der Chaldäisch- Katholischen
Kirche in Rom auf Emmanuel III Delly als Nachfolger des
verstorbenen chaldäischen Patriarchen Raphael I
Bidawid.
Die Chaldäer und die Chaldäische
Kirche:
Durch den Einfluss katholischer Missionen, die seit dem 17.
Jahrhundert besonders unter den ostsyrischen Christen wirkten,
kam es zur Abspaltung größerer Teile der Kirche von
Antiochia und dem gesamten Osten, die zur Union mit Rom
übertraten. Den ostsyrischen Kirchenritus behielten sie bei.
Rom bezeichnete sie als Chaldäische Kirche, ihr Patriarch
bekam den Titel "Patriarch von Babylon". Somit vereinte sich die
Chaldäische Kirche mit Rom und erstarkte im 19. Jahrhundert.
Seitdem ist sie die zahlenmäßig größte
christliche Kirche im Irak, wo es heute acht Diözesen gibt.
Hinzu kommen je zwei im Iran und in den USA, je eine im Libanon,
in Syrien, Ägypten, Kanada, Australien und in der
Türkei. Die chaldäischen Katholiken zählen heute
weltweit etwa 600.000 Gläubige unter 23 Bischöfen. Von
den ca. 200 Priestern wirken etwa die Hälfte im Irak, 20
betreuen die rund 160.000 katholischen Chaldäer in den USA.
Etwa 18.000 leben heute in Frankreich.
Sowohl unter Saddam Hussein als auch nach dessen Sturz haben
viel Chaldäer, wie es auch bei Angehörigen anderer
Minderheiten der Fall ist, den Irak verlassen. Die Situation der
Christen wurde nach dem Fall von Bagdad 2003 immer bedrohlicher.
Große Teile der christlichen Bevölkerung waren
gezwungen, ihre Heimat im Irak zu verlassen und in sichere
Gebiete zu flüchten. Die Chaldäer bilden mit den
Assyrern und Aramäern (Suryani) eine gemeinsame Volksgruppe
und sprechen je nach Region leicht unterschiedliche Dialekte des
Neuaramäischen. Das Altaramäische war die Sprache
Jesu.