Bozen, 15. Januar 2008
SVP-Ulivo-Senator Oskar Peterlini mahnt zum Minderheitenschutz
im nationalen Wahlgesetz: "Bei jedem Wahlsystem muss
sichergestellt sein, dass sprachliche Minderheiten
gemäß ihrer Stärke im Parlament vertreten sind.
Falls im neuen staatlichen Wahlgesetz eine Prozent-Hürde auf
gesamtstaatlicher Ebene eingeführt wird, muss garantiert
werden, dass diese nicht für sprachliche Minderheiten
gilt".
Peterlini hat in dieser Angelegenheit vollkommen Recht. Die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) erinnert jedoch
daran, dass vor 10 Jahren gerade Peterlini dazu beitragen hat, im
Regionalrat ein Wahlgesetz mit Wahlhürde durch zu boxen.
Alle Anträge auf eine Ausnahme von der Hürde für
die ladinische Minderheit wurden von der SVP (und also auch von
Peterlini) abgelehnt. Die Kritik der GfbV wurde von der SVP
damals empört und vehement als "Einmischung" abgelehnt.
SVP-Obmann Siegfried Brugger schickte sogar einen Brief an die
Zentrale nach Göttingen, um sich darüber zu beschweren,
dass die GfbV Südtirol die Recht der Ladiner
einmahnte.
Wenige Monate danach wurde die SVP aber kleinlaut: denn das
Verfassungsgericht in Rom hatte das Wahlgesetz wegen der
Hürde als verfassungswidrig weil minderheitenfeindlich
gekippt. Die Hürde missachtete grundlegende Rechte der
ladinischen Minderheit. Zu diesem Schluss kamen die Obersten
Richter. Die GfbV hatte also mit ihrer Kritik mehr als Recht
gehabt. Aus dieser peinlichen Niederlage wollte die SVP aber
nicht lernen. Wieder brachte sie einen Vorschlag zu einem
Wahlgesetz ein, der eine Wahlhürde vorsieht und keine
Ausnahme für die Ladiner. Selbst von einem
Verfassungsgericht kann diese Partei also nicht dazu bewegen, die
demokratischen Grundrechte der ladinischen Minderheit zu
beachten. So hat man denn die viel sagende Situation, dass sich
die SVP in Rom gegen eine Wahlhürde wehrt, da diese die
Minderheitenrechte beschneidet, in Bozen aber partout eine
Hürde durchdrücken will.
Abgesehen davon spricht Oskar Peterlini in seiner
Presseaussendung von "der" sprachlichen Minderheit. Offenbar kann
Peterlini nicht zählen. In diesem Land leben zwei
Minderheiten. Aber die Minderheitenrechte, da ist Peterlini sich
selbst treu, gelten nur für die Deutschen: Die Ladiner
werden gar nicht in Betracht gezogen. Dies gilt leider auch
für viele Medien, die im Zuge der Wahlgesetzdebatte die
Rechte der Ladiner nicht in Betracht ziehen: Gelten Rechte nur
für die Deutschen?