Bozen, Göttingen, 15. Juli 2008
Der gemeinsame Bericht der Wahrheitskommission von Indonesien
und Osttimor über die Gewalt in Osttimor 1999 ist nach
Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)
ein "erster Schritt zur Aussöhnung". "Doch den
Bemühungen um Gerechtigkeit für die Opfer von
Massakern, Vertreibung und Morden ist mit dem heute vorgelegten
Bericht wenig geholfen, da beide Staaten kein Interesse an einer
weiteren Strafverfolgung Verantwortlicher zeigen", kritisierte
der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in
Göttingen. Es sei bedauerlich, dass Indonesien und Osttimor
in den letzten Wochen deutlich gemacht hätten, dass sie eine
Amnestie für alle Täter befürworteten, obwohl dies
in dem Report nicht ausdrücklich empfohlen werde.
Es wäre wünschenswert gewesen, dass Indonesiens
Präsident Susilo Bambang Yudhoyono nicht nur sein Bedauern
über die im Namen seines Landes begangenen Morde,
Vergewaltigungen und Folterungen erklärt, sondern sich auch
offiziell dafür entschuldigt, sagte Delius.
"Enttäuschend ist auch, dass in dem Bericht die Namen der
Verantwortlichen für die Verbrechen nicht genannt werden."
Bislang sei nur ein Führer einer pro- indonesischen Miliz
von einem indonesischen Gericht zu zehn Jahren Haft für die
Tötung von zwölf Menschen verurteilt worden. Nach nur
zwei Jahren Gefängnisaufenthalt sei dieser Eurico Guterres
jedoch bereits im April 2008 wieder freigelassen worden. Alle
anderen Angeklagten seien von indonesischen Gerichten
freigesprochen worden.
Die Angehörigen von 1.400 Ermordeten und mehreren
zehntausend vertriebenen Osttimoresen warteten bis heute
vergeblich auf Gerechtigkeit. Sie seien Opfer einer Gewaltorgie
pro-indonesischer Milizen geworden, die mit Unterstützung
indonesischer Sicherheitskräfte 1999 mit allen Mitteln
versuchten, ein von den Vereinten Nationen überwachtes
Referendum über die Unabhängigkeit der indonesisch
besetzen Insel Osttimor zu verhindern..
Führende indonesische Politiker hätten sich bis heute
erfolgreich einer Aufarbeitung der Gewalttaten durch
internationale Gerichte widersetzt. Angesichts des enormen
wirtschaftlichen, politischen und militärischen Einflusses
Indonesiens, nehme Osttimors Regierung Rücksicht auf den
übermächtigen Nachbarn. "Doch ohne eine
rückhaltlose Aufklärung der Verbrechen und ohne eine
Bestrafung der Verantwortlichen wird eine tatsächliche
Aussöhnung zwischen Osttimoresen und Indonesiern kaum
möglich sein", warnte Delius. Daran könne auch die
heutige für das bilaterale Verhältnis beider Staaten
wichtige Zeremonie auf Bali, bei der beide Staatschefs ihr
Bedauern über die Gewalttaten erklärten, nichts
ändern.