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Bozen, 27. August 2009
La Pli de Mareo. Foto: Mateo Taibon.
trekking.suedtirol: Der Südtiroler Alpenverein AVS kehrt zu seinen Wurzeln zurück, dem offenen und offensiven Nationalismus. Von den Italienern fordert man den Verzicht auf die Übersetzung der deutschen Ortsnamen, die deutschen Übersetzungen der ladinischen Ortsnamen jedoch werden emsig gesät bis hin zur Auslöschung ladinischer Toponyme.
Die Ortsnamen in nur einer Sprache, Einnamigkeit also statt
der bisher üblichen Mehrnamigkeit. Warum nicht? Es ist ein
Konzept, das in die Tat umgesetzt werden könnte. Die
Ortsnamen sollen eine kulturelle und sprachliche Realität
widerspiegeln und nicht eine politische Zugehörigkeit.
Dieses Konzept kann aber nur dann verwirklicht werden, wenn
einige Prinzipien restlos respektiert werden, die der AVS jedoch
allesamt ignoriert hat. Es braucht einen Minimalkonsens der hier
lebenden Volksgruppen, denn Südtirol ist ein dreisprachiges
Land - es darf nicht eine Volksgruppe über die Rechte der
anderen Volksgruppe(n) entscheiden, der AVS hat jedoch hat genau
dies getan: Die Ideologie der Hegemonie einer Volksgruppe ist
strikt abzulehnen. Unerlässlich für die Einführung
der Einnamigkeit ist die Gleichberechtigung aller drei Sprachen
und ein konsequent-stimmiges Vorgehen: wenn ich als
deutschsprachiger Südtiroler von den Italienern den Verzicht
auf italienische Namen für nicht italienischen Orte fordere,
muss ich selbst auf deutsche Namen für nicht deutsche Orte
verzichten. Der AVS (Alpenverein Südtirol) aber macht genau
das Gegenteil. Es braucht zuletzt, als Grundvoraussetzung
für eine friedliches Zusammenleben, den Respekt für die
hier anwesenden und für die angrenzenden Kulturen. Auch
diese Voraussetzung fehlt im Wegeprojekt des AVS, der dem Konzept
einer ausgeglichenen und gerechten Ortsnamensgebung eine Absage
erteilt und nicht einen Spiegel der kulturellen Realität
vorlegt, sondern eines Germanisierungsprogramms. Ein viel
sagender Beleg für diese Einstellung ist die von AVS
erstellte (von öffentlichen Geldern finanzierte)
Internetseite http://trekking.suedtirol.info
Die Italiener müssen sich an die deutschen Orts- und
Flurnamen gewöhnen und nicht übersetzen wollen. Dies
hat man oft gehört im Laufe der neuen
Toponomastik-Diskussion, die aufgrund der einsprachigen Schilder
des AVS aufgeflammt ist. Das kann, wie gesagt, ein vertretbarer
Standpunkt sein. Unter der Voraussetzung, dass dieses Prinzip
für alle gleichermaßen gilt. Die deutschen
Südtiroler müssten sich demnach daran gewöhnen,
für die ladinischen Ortschaften die ladinischen Namen zu
verwenden und auf die Übersetzungen verzichten. Das ist aber
nicht der Fall, und gerade jene, die sich am vehementesten gegen
italienischen Orts- und Flurnamen für nicht italienische
Orte (Exonyme) wenden, sind selbst die fleißigsten
Übersetzer. Der AVS eliminiert sehr viele italienische
Übersetzungen und streicht diese aus dem eigenen
Kartenmaterial, gleichzeitig aber werden für das ladinische
Gebiet zahlreiche deutsche Übersetzungen angebracht, auch
wenn die Übersetzungen immer wieder unsinnig sind. Die
Höfenamen bleiben in der Regel einsprachig, da eine
Übersetzung glücklicherweise schwierig ist. Für
den Rest sät der AVS emsig deutsche -besetzungen von Orts-
und Flurnamen.
Der "Rü de Fojedöra" wird so zum "Hochalmbach",
während der "Lé de Fojedöra" eigenartigerweise
zum "Hochalpensee" wird. Der "Rü d'La Pli" heißt auch
"Pfarrbach" (eine unsinnige Übersetzung, denn mit einer
Pfarrei hat der Bach nichts zu tun), oder der "Rü d'Al
Plan" wird zum "Enneberger Bach" (aber in der Gemeinde
Mareo/Enneberg sind ja alle Bäche "Enneberger Bach"). Die
Liste der Übersetzungen und Verhunzungen ist sehr lang. Der
AVS, der so strikt italienische Exonyme (also italienische Namen
für Orte außerhalb des italienischen Sprachraums)
ablehnt, zeigt eine eigentümliche Emsigkeit, wenn es darum
geht, deutsche Exonyme zu säen, also deutsche Namen für
nicht-deutsche Orte (um sich im gleichem Atemzug jene Italiener
zu empören, die italienische Ortsnamen für ein nicht
italienisches Gebiet fordern).
Auch vor den Bergen macht die Übersetzungswut des AVS nicht
halt, der so genau jene Haltung einnimmt, die man an den
italienischen Bürgern so ablehnt. Und geht zum Teil
darüber hinaus, denn es gibt immer wieder Fälle, wo der
AVS nur die deutsche Übersetzung anführt, nicht aber
den ladinischen Namen. So hat der AVS den "Heligkreuzkofel", das
ladinische "Sas dla Crusc" sucht man aber vergebens. Man findet
den "Ciaval", der aber nur die Bergspitze benennt, der ladinische
Name des Massivs aber fehlt: Der AVS führt nur die deutsche
Übersetzung an. Es ist nicht ein Einzelfall, das ladinische
Toponym fehlt immer wieder. Der AVS ist ziemlich konsequent in
der Eliminierung der italienischen und ladinischen Exonyme,
nachlässig im Respekt der ladinischen Endonyme, aber
überaus fleißig in der Verteilung deutscher Exonyme.
Zudem will der AVS die ladinische Sprache in den Informationen
nicht zur Kenntnis nehmen. Die "Roda de Pütia" gibt es so
nicht, es gibt nur den "Rundweg Peitlerkofel"; zwischen
Pederü und Al Plan/St. Vigil gibt es nur den "Talweg", es
gibt den "Weilerweg", aber keine "Roda dles viles", den
"Mühlenweg" aber nicht das "Val di Morins", in Fanes gibt es
nur den "Friedensweg", aber keinen "Tru dla pêsc", ganz zu
schweigen vom "Sentiero della Pace". Es gibt in Al Plan/St. Vigil
den "Tru dles liondes de Fanes" der auch als "Sagenweg"
aufscheint (diesmal kennt der AVS ausnahmsweise auch die
ladinische Bezeichnung). Warum aber fehlt die italienische
Bezeichnung - der Tourismusverein des Ortes, der diesen Weg
errichtet hat, hat ihm auch eine offizielle italienische
Bezeichnung gegeben. Trekking.suedtirol ist also ein
Fälscherwerk. Und ein Projekt sprachlichem
Assimilationswillen.
Am Zusammentreffen von Pragser und Mareo-Gebiet auf der Alm Senes
gibt es die "Forcela de Riciogogn". Für den AVS gibt es nur
die "Seitenbach-Scharte", die ladinische Bezeichnung wurde
eliminiert. Doch mit seiner Eliminierung dessen, was nicht
deutsch ist, bleibt der AVS nicht in Südtirol stehen. Das
"Rifugio Biella" auf Ampezzaner Gebiet hat nur den deutschen
Namen "Seekofelhütte", die italienische Bezeichnung wurde
eliminiert, obwohl sie offiziell ist. Der "Seekofel" selbst hat
laut AVS zwei Namen, den deutschen und "Sas dla Porta" (Ladin de
Mareo), es fehlt aber die Ampezzaner Variante (die dann von den
Italienern übernommen wurde), obwohl ein beträchtlicher
Teil der "Croda del Beco" auf Ampezzaner Gebiet steht. Die
Scharte, die Pragser und Ampezzaner Gebiet miteinander verbindet,
heißt für den AVS nur "Fossesser Ridl", das "Cocodain"
der Ampezzaner wird eliminiert. Nicht nur, der AVS macht so eine
Operation auch in der Schweiz, wo das rätoromanische
"Müstair" zu "Münstertal" wird - ohne
rätoromanische Bezeichnung, obwohl der einzige offizielle
Name in der Schweiz der rätoromanische ist.
Das Wegeprojekt trekking.suedtirol des Alpenvereins ist also in
vielen Fällen eine Fälschung, ein Projekt der
Eindeutschung, das von ethnischer Intoleranz getragen ist und von
einem expansiven Nationalismus.
Dabei wäre es so leicht gewesen, die ladinischen Orts- und
Flurnamen angemessen zu respektieren und richtig zu schreiben
sowie die Exonyme gleichmäßig zu verteilen und nicht
derart einseitig: Die Karten der Naturparke verwenden, die vom
Land Südtirol zusammen mit dem Verlag Tabacco erarbeitet
wurden, mit philologisch von Experten überprüften Orts-
und Flurnamen. Aber die Gleichbehandlung der Sprachen war nicht
das Ziel des AVS. Dieser hat andere Ziele. Der ehemalige
Vorsitzende des AVS Luis Vonmetz hat das Beispiel von Fascia
geschildert, wo man in sehr vielen Fällen ohne italienische
Übersetzung auskomme. Das ist eben die verzerrte Sichtweise:
Es geht dem AVS um die Ausmerzung des Italienischen, nicht um den
Respekt der Sprachen und Kulturen. Wenn der AVS das Beispiel von
Fascia positiv findet, wo die Flurnamen häufig nur ladinisch
sind, müsste er in Südtirol ein Projekt realisieren, in
dem die Flurnamen nur ladinisch sind anstatt überall
deutsche Exonyme anzubringen. Wer Exonyme verteilt, muss auch die
Exonyme der anderen annehmen, sonst ist es eine expansive
Einbahn-Toponomastik, in der eine Volksgruppe über die
anderen bestimmt: solche Ideologien sollten im 21. Jahrhundert
längst der Vergangenheit angehören.
Das Projekt "trekking.suedtirol" wurde mit Steuergeldern
finanziert, im Impressum ist das "Copyright" der Autonomen
Provinz Bozen - Südtirol angegeben. Die Landespolitik ist
also mitverantwortlich für diese Wegeprojekt in ethnischer
Schieflage.
Die GfbV lädt die Politik und den AVS ein, die Rechte aller
hier lebenden Volksgruppen gleichermaßen zu
respektieren.
Mateo Taibon
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2007/070828de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2007/070221ade.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060925ade.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060920de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060316de.html
| www.gfbv.it/3dossier/eu-min/it-mayr.html
| www.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-sprach.html
| www.gfbv.it/ladin/dossier/ladiner.html
in www: www.lauscdiladins.com |
www.noeles.net | www.vejin.com/ladindolomitan.html