In: Home > News > Victor-Gollancz-Preis für brasilianische und russische Menschenrechtsorganisationen
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Bozen, Göttingen, 14. November 2009
Preisträger Oleg Orlow und José Eden Pereira.
Der brasilianische Indianermissionsrat CIMI und die russische
Menschenrechtsorganisation MEMORIAL sind am Samstag in
Göttingen von der Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) mit dem Victor-Gollancz- Preis ausgezeichnet worden.
"Trotz Risiko für Leib und Leben bieten sowohl MEMORIAL als
auch CIMI staatlicher Willkür und mächtigen
Wirtschaftsinteressen täglich die Stirn, obwohl sie oft
allein gelassen werden von Parlamenten und Regierungen
demokratisch regierter Staaten", würdigte der
GfbV-Bundesvorsitzende Tilman Zülch das Engagement der
Menschenrechtler.
Der MEMORIAL-Vorsitzende Oleg Orlow aus Moskau wandte sich an die
Bundesregierung und die EU: "Wenn schwere
Menschenrechtsverletzungen aus diplomatischen Gründen
totgeschwiegen oder verharmlost werden, arbeiten Sie den
Mördern von Natalja Estemirowa in die Hände. Wir
brauchen Öffentlichkeit und anhaltende politische
Rückendeckung, nicht nur punktuelle Beileidsbekundungen."
Der CIMI-Generalsekretär José Eden Pereira
Magalhães, der zur Preisverleihung aus Brasilia angereist
war, klagte mit Blick auf die Situation der mehr als 700.000
Ureinwohner seines Landes: "In Brasilien triumphieren
wirtschaftliche und politische Interessen noch immer über
das Völkerrecht. Deshalb ist unser Land eine der Nationen
mit der größten sozialen Ungleichheit."
In "vorbildlicher Hinwendung" habe CIMI die Ureinwohner als
gleichberechtigte Partner anerkannt, verteidige ihre Interessen
und vor allem ihren Anspruch auf ihr traditionelles Land gegen
Behörden, Großgrundbesitzer, Konzerne und die
Holzmafia, begründet die GfbV die Ehrung des
Indianermissionsrates mit dem Victor-Gollancz-Preis. MEMORIAL
bekommt die Auszeichnung als "Verneigung vor dem beispiellosen
Mut ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für ihr
aufopferungsvolles Menschenrechtsengagement in einer feindlich
gesinnten Umgebung täglich ihr Leben riskieren".
Die GfbV vergibt den Victor-Gollancz-Preis seit dem Jahr 2000. Er
wird 2009 zum sechsten Mal verliehen und ist dieses Mal mit einem
symbolischen Preisgeld von je 2.500 Euro verbunden. Unter den
bisherigen Preisträgern sind die Mütter von Srebrenica
(Bosnien), die Frauen aus dem Barzan-Tal (Irak), der frühere
russische Menschenrechtsbeauftragte Sergej Kowaljow und Dr.
Halima Bashir (Darfur/Westsudan). Der Preis ist nach dem
britisch-jüdischen Humanisten, Verleger und Schriftsteller
Victor Gollancz (1893-1967) benannt, der Zeit seines Lebens
Verbrechen gegen die Menschlichkeit bekannt machte und Hilfe
für Überlebende mobilisierte.
Die Preisverleihung war Höhepunkt der
GfbV-Jahreshauptversammlung an diesem Wochenende in
Göttingen. Dort diskutieren bis Sonntag rund 150 Delegierte
aus Deutschland und europäischen Nachbarländern,
Menschenrechtsexperten und Repräsentanten bedrohter
Völker aus dem Nahen Osten, Afrika, Asien sowie
Südamerika wirksamere Strategien für künftige
GfbV-Menschenrechtskampagnen. "Die Weltwirtschaftskrise, aber
auch massive Eigeninteressen haben die meisten Regierungen der
westlichen Staatengemeinschaft dazu gebracht", sagte Zülch,
"über Machtmissbrauch und Unterdrückung oder Verfolgung
kleinerer Volksgruppen hinwegzusehen und selbst mit
Gewaltherrschern gute Beziehungen zu pflegen".
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2009/091007de.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2009/090716de.html | |
www.gfbv.it/2c-stampa/2008/080416de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2007/070109de.html
| www.gfbv.it/3dossier/cecenia/cec-rep40-de.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/dekade.html
in www: www.cimi.org.br | www.memo.ru