Bozen, Göttingen, 9. Januar 2007
Die Gewalt in den
Gebieten mit indigener Bevölkerung in Brasilien war auch im
Jahre 2006 enorm groß. Nach einer vorläufigen Bilanz
des Indianermissionsrates CIMI kamen mindestens 40 Ureinwohner
gewaltsam ums Leben, 20 von ihnen allein im Bundesstaat Mato
Grosso do Sul. Dieser Bundesstaat ist seit langem Brennpunkt der
Gewalt gegen die indianische Bevölkerung. Hauptursache sind
die ungeklärten Landrechte. Nirgendwo sonst in Brasilien
verfügen die Indigenen über so wenig Land.. Am
Schlimmsten ist die Situation der 37.000
Guaraní-Kaiowá. In 64 ihrer 87 Territorien hat der
Prozess zur offiziellen Anerkennung ihres Landes (Demarkierung)
noch nicht einmal begonnen.
Besorgnis erregend ist dabei die enorme Zunahme von Gewalttaten,
die Angehörige indigener Völker innerhalb der eigenen
Gruppe begehen. In Mato Grosso do Sul waren sie für 10 der
bislang bekannten 20 Kapitalverbrechen in diesem Bundesstaat
verantwortlich. Mangel an Land und eine entsprechend unsichere
Lebensgrundlage haben Not und Elend, aber auch Verzweiflung und
Ausweglosigkeit zur Folge. Werden die Spannungen innerhalb der
Gemeinschaft zu groß, so fand Cimi bei seinen
Untersuchungen heraus, dann entladen sie sich in Kämpfen, im
Missbrauch von Alkohol und Drogen und auch in Fällen von
Mord innerhalb der Gemeinschaften.
Deshalb sei es vorrangig, dass die Regierung Lula da Silva
zügig und konsequent die Landrechte aller 235 indigenen
Völker Brasiliens absichert und vor dem illegalen Eindringen
von Holzunternehmen, Viehzüchtern oder Soja-Pflanzern
schützt. Die Regierung müsse die dramatische Situation
in den Ureinwohnergebieten endlich ernst nehmen und darüber
hinaus ihren aus der Konvention 169 der Internationalen
Arbeitsorganisation ILO erwachsenen Verpflichtungen nachkommen:
volle Gewährleistung der Menschenrechte und Grundfreiheiten,
Durchsetzung des Rechts auf Gestaltung der eigenen Zukunft,
kulturelle Identität und gemeinschaftliche Strukturen und
Traditionen, Land und Ressourcen, Beschäftigung und
angemessene Arbeitsbedingungen, Ausbildung und Zugang zu den
Kommunikationsmitteln, Beteiligung bei der Findung von
Entscheidungen, die diese Völker betreffen.
Gleichberechtigung vor Verwaltung und Justiz. Brasilien hat die
Konvention 169 der ILO im Juli 2002 ratifiziert.
CIMI ist eine der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen
für die Unterstützung der indigenen Völker
Brasiliens und Partnerorganisation der Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV). Im Mittelpunkt steht dabei der Kampf
um die Landrechte der Ureinwohner, denn Land ist der
Schlüssel zum Wohlergehen und zum Überleben der
Indianer in Brasilien. Cimi wurde 1972 von der Nationalen
Bischofsvereinigung von Brasilien (National Confederation of the
Bishops of Brazil /CNBB) gegründet. Durch seine Mitarbeiter
in den Gemeinschaften arbeitet CIMI eng mit den Betroffenen
zusammen. Der endgültige Jahresbericht "Gewalt gegen die
indigenen Völker in Brasilien - 2006" soll im April dieses
Jahres erscheinen.