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Parlamentswahlen in Äthiopien (23. Mai)

Unfaire Wahlen - Regimekritiker in Haft - Kritik an Doppelmoral Europas

Bozen, Göttingen, 19. Mai 2010

Hungerkatastrophe in Äthiopie. Foto: subcomandanta @ flickr.com. Hungerkatastrophe in Äthiopie. Foto: subcomandanta @ flickr.com.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Regierung Äthiopiens vorgeworfen, vor den für kommenden Sonntag geplanten Parlamentswahlen die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen und Oppositionsparteien massiv zu behindern. "Außerdem schüchtern die Behörden mit der Verhaftung Dutzender Angehöriger der Bevölkerungsgruppen der Oromo und Somali systematisch Regimekritiker ein", berichtete der GfbV- Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Freie und unabhängige Wahlen sehen anders aus. Auch die Entsendung von Wahlbeobachtern der Europäischen Union hat bislang nicht zu mehr Fairness im Wahlkampf geführt."

In vielen Städten Äthiopiens wurden Anhänger der Oppositionsparteien willkürlich von einer Wahlbeobachtung ausgeschlossen, während in allen Wahlbüros Mitglieder der Regierungspartei EPRDF vertreten sind. Mit Computertechnologie aus China werden Telefon- und Internetverbindungen von Oppositionspolitikern systematisch überwacht, kritische ausländische Radiosender von staatlichen Störsendern blockiert.

"Es ist ein Skandal, dass die Oromo-Politikerin Birtukan Mideksa noch immer inhaftiert ist", sagte Delius. Die ehemalige Richterin und bedeutendste Oppositionspolitikerin Äthiopiens wurde nach Protesten gegen die Parlamentswahl 2005 zu lebenslanger Haft verurteilt. Seit Beginn des Jahres 2010 wurden zahlreiche Oromo-Journalisten, -Oppositionspolitiker und -Studenten festgenommen oder zu Gefängnisstrafen verurteilt. Der angesehene "Äthiopische Menschenrechtsrat", eine Partnerorganisation der GfbV, musste neun seiner zwölf Büros im Land schließen. Zahlreiche seiner Mitarbeiter mussten ins Ausland fliehen. Auf der Basis eines 2009 in Kraft getretenen neuen Gesetzes dürfen Nichtregierungsorganisationen in Äthiopien nicht mehr als zehn Prozent ihrer Arbeit mit Geldern aus dem Ausland bestreiten. Unzählige NGO´s mussten daraufhin ihre Aktivitäten stark einschränken.

"Statt Regierungschef Meles Zenawi nachdrücklich zu mehr Respekt für die Menschenrechte zu drängen, wird der Premierminister als "demokratisches Aushängeschild Afrikas" gepriesen", kritisierte Delius das Schweigen Europas zu den Menschenrechtsverletzungen. "Der Premierminister hat zwei Gesichter. Während er sich auf dem Klimagipfel in Kopenhagen als Retter Afrikas feiern ließ, herrscht er im eigenen Land mit eiserner Hand. Wer Sudans Diktator Omar al-Bashir verurteilt, darf den Autokraten Zenawi nicht umhätscheln. Die Doppelmoral Europas schadet dem Ansehen und der Glaubwürdigkeit der Europäischen Union."