Bozen, Göttingen, 24. Februar 2006
Mit einer beispiellosen Verhaftungswelle gehe Äthiopien
gegen Ange- hörige der Oromo-Bevölkerungsgruppe vor,
erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) am Freitag. "Entgegen den Beteuerungen der
äthiopischen Regierung dauert die Repression weiter an",
sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. So seien alleine
seit Ende Januar 2006 mindestens 400 Oromo verhaftet worden.
Mindestens 23 Demonstranten - unter ihnen auch Schüler und
Studenten - seien in den letzten vier Wochen bei Übergriffen
der äthiopischen Bundespolizei getötet worden. Das
äthiopische Informationsministerium hatte am 1. Februar 2006
nur die Verhaftung von 86 Oromo eingeräumt. Berichte von
internationalen Menschenrechtsorganisationen über die
Inhaftierung von tausenden Menschen vor allem in den
ländlichen Gebieten Äthiopiens hatte das Ministerium
als "unglaubwürdig" und "übertrieben"
zurückgewiesen.
Nach GfbV-Informationen wurde am 26. Januar 2006 der
Universitätsstudent Hailu Desta bei einer Demonstration von
Oromo im Distrikt Abbay Choman (Region Ost-Wollega) von
Sicherheitskräften erschossen. Mindestens 400 Oromo, die
gegen seine Tötung in Abbay Choman und angrenzenden
Distrikten protestierten, seien in den darauf folgenden drei
Tagen von Bundespolizei auf Lastwagen abtransportiert worden,
berichteten Augenzeugen. Bis heute fehle von ihnen jedes
Lebenszeichen. Am 5. Februar 2006 seien mindestens 22 namentlich
der GfbV bekannte Oromo - unter ihnen auch Schüler - bei
einer Demonstration gegen die Ermordung des aus der Region
stammenden Studenten Alemayehu Gerba in dem Ort Loya Sirba
(Distrikt Guduru) unter den Kugeln der Bundespolizei gestorben.
Der in Addis Abeba studierende Gerba war am 9. Dezember 2005 im
Kaliti Gefängnis Schusswunden erlegen.
Nicht nur Schüler, Studenten sowie um die Sicherheit ihrer
Kinder besorgte Eltern würden Opfer von
Menschenrechtsverletzungen. Auch Oromo-Parlamentsabgeordnete
litten unter der Repression. So sei der Abgeordnete Irana Iticha
des Parlaments der Region Oromia am 11. Januar in der Stadt
Inchinni gemeinsam mit acht weiteren Oromo von
Sicherheitskräften verschleppt, geschlagen und gefoltert
worden. Die Oromo stellen die größte
Bevölkerungsgruppe in dem Vielvölkerstaat. Seit dem 9.
November 2005 protestieren Schüler und Studenten gegen die
Inhaftierung von Führern der Oromo-
Wohltätigkeitsorganisation Macha Tulama, gegen die Verlegung
der Provinzhauptstadt von Addis Abeba nach Adama und fordern mehr
Selbstverwaltung.