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50 Jahre Unabhängigkeit Algeriens - Verträge von Evian (18.3.1962)

Kein Grund zum Feiern - Anhaltende Menschenrechtsverletzungen in Algerien

Bozen, Göttingen, 14. März 2012

Eine Demonstration in Algerien. Foto: algeria-watch.org Eine Demonstration in Algerien. Foto: algeria-watch.org.

Zum 50. Jahrestag der Verträge von Evian, die die Unabhängigkeit Algeriens von der Kolonialmacht Frankreich regelten, zieht die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritische Bilanz über die Menschenrechtslage in dem nordafrikanischen Staat. "Algeriens Machthaber sind für den gewaltsamen Tod von zehntausenden Menschen verantwortlich, doch niemand zieht sie zur Rechenschaft", kritisiert die Menschenrechtsorganisation in einem 13 Seiten umfassenden Memorandum. "Brutale Unterdrückung von Protesten, Straflosigkeit, Korruption, Vetternwirtschaft und die Ausgrenzung nicht-arabischer Minderheiten kennzeichnen bis heute die katastrophale Menschenrechtslage in Algerien."

"An den Händen der algerischen Führung klebt Blut, denn sie ist mitverantwortlich für den Tod von 120.000 bis 150.000 Menschen während des Bürgerkrieges in den 90er-Jahren", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Mit der illegalen Bewaffnung von Milizen und gezielten Terrorakten des Geheimdienstes DRS schürte der staatliche Sicherheitsapparat die Gewalt. Bis heute ist das Schicksal von mindestens 6.146 namentlich bekannten Verschwundenen noch immer ungeklärt, die während des Bürgerkriegs (1991-2001) vermutlich von Sicherheitskräften entführt, gefoltert und ermordet wurden.

"Um international Unterstützung im Kampf gegen radikale Islamisten zu bekommen, ist der Regierung Algeriens jedes Mittel recht", erklärte Delius. So entführten Geheimdienstmitarbeiter, die die radikal-islamische GIA-Bewegung unterwandert hatten, im März 1996 sieben französische Trappisten-Mönche. Den Mönchen, die bei der Entführung zu Tode kamen, wurde vorgeworfen, sie hätten auch verletzte Islamisten gepflegt. Bis heute weiß man nicht, ob die Mönche gezielt von Geheimdienstleuten ermordet oder versehentlich bei einem Angriff der Luftwaffe getötet wurden. Für ihren Tod wurden wider besseren Wissens die Islamisten verantwortlich gemacht. Die wahren Umstände wurden vertuscht und erst Jahre später nach Veröffentlichung von französischen Geheimdokumenten bekannt.

Nicht-arabische Minderheiten wie Kabylen und Tuareg leiden unter Ausgrenzung und Leugnung ihrer Rechte. Bis heute ist niemand dafür zur Verantwortung gezogen worden, dass 132 Kabylen bei Protesten im Frühjahr 2001 von Sicherheitskräften getötet wurden. Bis zu 20.000 Tuareg, die bei französischen Atomtests in der Sahara in den 60er-Jahren verstrahlt wurden, warten noch immer auf eine Entschädigung. Statt sich für ihre Rechte stark zu machen, nutzt die algerische Regierung die Diskussion um die Atomtests nur dazu, Frankreich zu kritisieren. Menschenverachtend war ihre Anordnung, 600 Islamisten in Internierungslagern in dem verstrahlten Atomtestgebiet einzusperren. Im Februar 2011 wurden rund 30.000 Bereitschaftspolizisten eingesetzt und die Hauptstadt Algier systematisch abgeriegelt, um ein Übergreifen der in anderen nordafrikanischen Staaten andauernden Proteste zu verhindern.