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Gipfeltreffen der EU mit Marokko (7.3.2010)

Europa ignoriert Menschenrechtsverletzungen in Marokko

Bozen, Göttingen, 7. März 2010

Landschaft in der Westsahara. Landschaft in der Westsahara.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Europäischen Union (EU) anlässlich ihres Gipfeltreffens mit Marokko im spanischen Granada am heutigen Sonntag vorgeworfen, Menschenrechtsverletzungen in dem nordafrikanischen Königreich zu ignorieren. "Die willkürliche Verfolgung von Menschenrechtlern, die sich für die Berber-Kultur einsetzen, und von kritischen Journalisten sowie Marokkos Blockade-Haltung in der Westsahara-Frage werden von der EU tatenlos hingenommen", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. "Statt Menschenrechten Vorrang zu geben, lässt sich die EU in ihrer Politik gegenüber Marokko von wirtschaftlichen und strategischen Interessen leiten und macht sich in der Westsahara-Frage zum Handlanger."

"Zehn Jahre nach seinem Machtantritt gilt Marokkos König Mohammed VI. nur noch im Ausland als Reformer", sagte Delius. "Der König gesteht Menschenrechtlern, Journalisten und Oppositionspolitikern nicht mehr Freiheiten zu, sondern dreht die Uhren zurück. Wer das Königshaus und Missstände kritisiert, wird systematisch mundtot gemacht." So wurde der Berber-Aktivist und Präsident der Menschenrechtsorganisation des Rif, Chakib El-Kheyari, am 24. Juni 2009 zu drei Jahren Haft und einer hohen Geldstrafe verurteilt. Er hatte es gewagt, Korruption, Drogengeschäfte und die große Armut im Rif-Gebirge öffentlich zu kritisieren.

Friedliche Demonstrationen von Masiren (Berbern) werden gewaltsam aufgelöst, Masiren-Aktivisten verhaftet und zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt, kritisiert die GfbV. Die Gründung einer demokratischen Partei der Berber wurde verboten, der Unterricht in der masirischen Sprache wird oft behindert und Eltern wird untersagt, ihren Kindern Berber-Vornamen zu geben. Dabei stellen die Masiren rund 60 Prozent der Bevölkerung des Landes. Mit subtilen Methoden werden kritische Journalisten zum Schweigen gebracht. So musste die Zeitung "Journal Hebdomadaire" im Februar 2010 Konkurs anmelden. Ihre Redakteure mussten im Ausland Zuflucht suchen, nachdem das Königshaus gegen das Blatt wegen zu kritischer Berichterstattung einen Werbeboykott verhängt hatte.

"Noch schlimmer ist die Lage in der von Marokko besetzten Westsahara", berichtete Delius. "Willkürlich werden dort friedliche Demonstranten eingeschüchtert, festgenommen, zusammengeschlagen, gefoltert und in unfairen Gerichtsverfahren zu Haftstrafen verurteilt. Systematisch hintertreibt Marokko seit 19 Jahren alle Bemühungen der Vereinten Nationen, in einer glaubwürdigen Volksabstimmung die Zukunft der Westsahara zu klären." Der EU wirft die GfbV vor, sich durch die Unterzeichnung eines Fischfangabkommens mit Marokko an der Plünderung der Ressourcen der besetzten Westsahara beteiligt und sich so zum Handlanger des Königreichs gemacht zu haben.