In: Home > News > Kommunalwahlen in Bosnien und Herzegowina: Nationalistische Rhetorik und altbekannte Drohungen
Sprachen: DEU | ITA
Bozen, Göttingen, 13. November 2020
Zwei Frauen vor den Särgen der Opfer von Srebrenica. Foto: GfbV-Archiv.
Am kommenden Sonntag, den 15. November 2020, werden in Bosnien
und Herzegowina (BiH) Kommunalwahlen abgehalten. Zum ersten Mal
seit 2008 wird auch in der Stadt Mostar die Lokalregierung
gewählt. Das wurde durch ein Abkommen zwischen den
politischen Parteien möglich. Danach werden Abgeordnete
für den Gemeinderat direkt gewählt, das
Bürgermeisteramt wird indirekt besetzt. "Die Wahlkampagnen
waren in diesem Jahr erneut stark von nationalistischer Rhetorik
geprägt", erklärt Belma Zulcic, Direktorin der
bosnischen Sektion der Gesellschaft für bedrohte
Völker. "Die Mehrheit der Parteien ist ethnisch ausgerichtet
und versucht, mit nationalistischen Themen, Drohungen und
Einschüchterung Stimmen zu gewinnen." So habe Milorad Dodik,
Präsident der Allianz der Unabhängigen Sozialdemokraten
(SNSD) und serbischer Vertreter im Präsidium von Bosnien und
Herzegowina, erneut mit dem Zerfall des Landes gedroht und eine
serbisch-kroatische Koalition angekündigt.
Aktuelle Prognosen sehen die bisher vorherrschenden Parteien
weiter vorn: In der Republika Srpska dominiert die stark
nationalistische SNSD, in der Föderation von BiH die unter
Kroaten vorherrschende und ebenfalls nationalistische Kroatische
demokratische Gemeinschaft Bosnien und Herzegowinas (HDZ). Auch
unter den Bosniaken in der Föderation wird die aktuell
vorherrschende und ethnisch ausgerichtete Partei der
Demokratischen Aktion (SDA) wohl wieder die Mehrheit der Stimmen
erhalten. Den zahlreichen Oppositionsparteien im Land werden
höchstens in bosniakisch dominierten Teilen der
Föderation von BiH Chancen eingeräumt.
"Wieder einmal gibt es Vorwürfe von Wahlbetrug und
-manipulation durch die amtierende Regierung und die
Nachbarländer Serbien und Kroatien. Bis Oktober wurden
bereits 3.500 Beschwerden von Wahlberechtigten eingereicht, die
als Wähler in Abwesenheit oder im Ausland registriert sind,
obwohl sie im Land wohnen. Auch tauchen in den Wahlregistern
immer wieder Namen von Menschen auf, die schon seit 20 Jahren
oder mehr tot sind", berichtet Zulcic. "Die zuständigen
Institutionen müssen diese Anklagen ernst nehmen und ihnen
nachgehen, damit die Wahlen transparent und demokratisch ablaufen
und die Menschen dem Prozess vertrauen."
Die Covid-19-Pandemie erschwert den Wahlprozess in diesem Jahr
besonders. Die traditionell niedrige Wahlbeteiligung könnte
aus Angst vor der Ansteckungsgefahr noch weiter sinken. "Es ist
fraglich, ob die Zentrale Wahlkommission in der Lage sein wird,
unter diesen Umständen einen regulären Ablauf der
Wahlen zu organisieren", so Zulcic.
Am Sonntag können 3.283.380 Wahlberechtigte abstimmen,
30.809 Kandidierende stehen zur Wahl. Sie verteilen sich auf 129
politische Parteien und 72 Koalitionen, dazu kommen 262
unabhängige Kandidierende. Gewählt werden 64
Gemeinderäte in der Föderation von BiH, 56
Gemeindeversammlungen in der Republika Srpska, und 31 Abgeordnete
für die Versammlung des Brcko-Distriktes. Zudem sind 120
Bürgermeisterämter und 22
Oberbürgermeisterämter zu besetzen.
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2012/120710de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2011/110720de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2011/110527de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2011/110526de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2010/100709de.html
| www.gfbv.it/3dossier/bosnia/hauser.html
| www.gfbv.it/3dossier/bosnia/mladic-leone-de.html
in www: www.icty.org | www.iccnow.org | www.ohr.int