In: Home > DOSSIER > Tourismus in Australien. Ein Kletterverbot sorgt für Aufregung
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Von Marion Caris
Bozen, Göttingen, 31. Juli 2018
Fur Aboriginal People ist er heilig, fur Politiker ein Geldquell und fur Australien ein Wahrzeichen: zahlreiche Touristen besuchen jahrlich den Inselberg Uluru in der zentralaustralischen Wuste. Ab Oktober 2019 durfen sie nicht mehr auf seinen Gipfel klettern.
Erst 1873 sichtete und erkletterte der Europaer William Gosse, den "Ayers Rock" und benannte ihn nach dem damaligen Premierminister von Sudaustralien, Sir Henry Ayers. Foto: Park Australia.
Den touristischen Wert des Uluru erkannte die australische
Regierung schon fruh. Im Jahr 1948 baute sie eine Zugangsroute
zum 348 Meter hohen Sandsteinmonolithen. Diese Route fuhrte
damals durch das "South West Aboriginal" Reservat, wo die
traditionellen Besitzer des Landes zwangsweise wohnten. Der fur
die Aboriginal People heilige Inselberg Uluru und die Kata Tjuta,
eine Gruppe von 36 Bergen etwa 30 Kilometer vom Uluru entfernt,
wurden in den 1950er Jahren enteignet und zu einem Nationalpark
umgewandelt. Neuer Besitzer war der Australian National Parks and
Wildlife Service (dt.: australische Nationalpark und
Naturschutzservice).
Diese Enteignung hatte zur Folge, dass der Uluru und die Kata
Tjuta von einem Gesetz aus dem Jahr 1976, dem "Land Rights
(Northern Territory) Act", ausgenommen waren. Dieses Gesetz
besagte, dass die Aboriginal People ihren traditionellen
Landbesitz beanspruchen konnten - aber nicht den Uluru und die
Kata Tjuta.
Eine extrem aufwuhlende Situation fur die Aboriginal People, da
sie durch die zunehmende Zahl an Touristen eine Schandung des
heiligen Ortes furchteten. Auch nachfolgende Regierungen
weigerten sich, das Gesetz zu andern. Ihnen war bewusst, dass
neben dem Opera House in Sydney (Opernhaus) und der Sydney
Harbour Bridge (Sydneyer Hafenbrucke) der Uluru eine der
beruhmtesten Touristenattraktion Australiens war.
Erst 1983 war die Regierung bereit, das Gesetz zu andern und das
Land an die traditionellen Besitzer, die Anangu, zuruckzugeben.
Die Bedingung war jedoch, dass das Land fur weitere 99 Jahre an
den Australian National Parks and Wildlife Service verpachtet
werden musste. Am 26. Oktober 1985 war es endlich soweit: Uluru
wurde seinen traditionellen Besitzern zuruckgegeben.
Die Ruckgabezeremonie wurde gros gefeiert und sowohl von
hunderten Aboriginal People als auch anderen Gasten besucht. Die
Ruckgabe ist bis heute einer der bedeutendsten Momente fur den
Kampf der Aboriginal People um ihre Bodenrechte und wird jedes
Jahr gefeiert. Seither verwalten Aboriginal People und der
Direktor des Nationalparks gemeinsam das Gebiet. Zwei Jahre
spater, 1987, ernannte die UNESCO den Park zu einer
Welterbestatte. Pro Jahr besuchen etwa 300.000 Touristen Uluru.
Dass Touristen den Uluru besuchen, den heiligen Berg erklettern,
Abfall verstreuen und Steine als Souvenir entwenden, schmerzt die
Aboriginal People. 2010 zog sich eine franzosische Touristin vor
Ort bis auf den Bikini aus. Dieses Verhalten empfanden die Anangu
als respektlos und beleidigend. Doch damit nicht genug. Es gibt
weitere Probleme, seit der Uluru eine Touristenattraktion
geworden ist. Mehr als 35 Menschen sind wegen Herzinfarkten oder
Sturzen beim Klettern ums Leben gekommen. Andere fielen in
Felsspalten oder furchteten sich vor dem steilen Abstieg. Mehrere
Touristen mussten gerettet werden.
Eine Gruppe von 36 Bergen ragt etwa 30 Kilometer vom Ulur-u entfernt aus der Landschaft. Das sind die Kata Tjut-a. Sie entstanden vor etwa 550 Millionen Jahren. Foto: Michael Nelson / Park Australia.
Die Anangu verlangten mehrere Jahre ein Kletterverbot. Aber
Gegner behaupteten, dass dies der australischen
Tourismusindustrie schaden konnte. Tatsache ist jedoch, dass die
Beliebtheit des Ortes konstant hoch blieb, obwohl die Anzahl an
Kletterern uber die Jahre auf 16 Prozent aller Besucher
zuruckging. Letztendlich wurde im Jahr 2017 eine Einigung
erzielt: Ab dem 26. Oktober 2019 ist es verboten, auf den Uluru
zu klettern. Das Verbot zahlt als weiterer Sieg an diesem
historischen Datum fur die Anangu.
Konservative Politiker wie Dennis Hood und Senator Cory Bernardi
kritisieren, dass der Uluru allen Bewohnern Australiens gehore.
Nach der Einigung auf das Kletterverbot twitterte Senator
Bernardi "Ich feiere nicht". Solche Reaktionen sind tief in der
Kolonialgeschichte Australiens verwurzelt - gemäß:
"Wer einen Ort benennt, nimmt ihn auch in 'Besitz'", wie Dr. Jan
Tent von der Universitat Sydney 2009 in seinem Artikel "Naming
Places on the 'Southland'" beschrieb.
Aussagen und Meinungen wie die von Hood und Bernardi sind in
Australien nicht umstritten. Sie haben eine lange Geschichte. Als
bekannt wurde, dass Uluru an die traditionellen Besitzer
zuruckgegeben werden sollte, wurden Schlagzeilen wie "NT* argert
sich uber Ayers Rock-Geschenk an die Schwarzen" nicht
hinterfragt. Die meisten Touristen hingegen unterstutzen das
Verbot und meinen, dass es lang uberfallig gewesen sei.
Der Widerstand in Australien beruht demzufolge nicht nur auf
wirtschaftlichen Interessen, sondern auch auf hegemonischen
Standpunkten der Geschichte des Landes. Eine Alternative zum
Klettern ist eine 10,6 Kilometer lange Wanderung an der "Uluru
Base". Besucher konnen auch jeden Tag an der kostenlosen und von
einem Ranger begleiteten "Mala Wanderung" teilnehmen, um die
traditionelle Kultur der Anangu, die Felsbildkunst und die
Verwaltung des Parks kennenzulernen.
Aus pogrom-bedrohte Völker 306 (3/2018).
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2018/180125de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2008/080213de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2-00/29-8-dt.html
| www.gfbv.it/3dossier/austral/austral.html |
www.gfbv.it/3dossier/austral/nordaus.html |
www.gfbv.it/3dossier/austral/burrup.html |
www.gfbv.it/3dossier/austral/aborig.html |
www.gfbv.it/3dossier/austral/abor-land.html
| www.gfbv.it/3dossier/austral/australdt.html
in www: https://de.wikipedia.org/wiki/Aborigines
| www.aiatsis.gov.au |
www.creativespirits.info