Beitrag der Arbeitsgruppe Europa im Forum Menschenrechte zur Arbeit des Konventes, Berlin August 2002
Das Forum Menschenrechte ist ein deutsches Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen, die sich für die Wahrung und den Schutz von Menschenrechten in Deutschland sowie auf europäischer und internationaler Ebene einsetzen.
Die Zukunft der
Europäischen Union
Die Debatte über die Zukunft der Europäische
Union ist eine bedeutende Chance zur Sicherung und zum
Ausbau ihrer grundlegenden Werte. Diese wurden bereits in
Europäischen Verträgen skizziert. Für die
Rolle Europas im 21. Jahrhundert sollen Demokratie,
Solidarität, nachhaltige Entwicklung und
Menschenrechte bestimmende Faktoren werden. Die
Bürgerinnen und Bürger der Union erwarten klare
Resultate und Fortschritte durch diese Diskussion.
Das Forum Menschenrechte betont die Bedeutung der Menschenrechte für die Arbeit im Europäischen Konvent. Wenn die Europäische Union durch ihren Reformprozess den Herausforderungen gerecht werden will, die durch Erweiterung und Vertiefung an sie gestellt werden, muss sie ihre angestrebten Werte prüfen und sichern. Zudem muss sie die Voraussetzungen für ihre konkrete Umsetzung schaffen. Diese Werte sollen in allen Politikbereichen ihren Niederschlag finden, sie sind so als Querschnittsaufgabe zu verstehen. Nur dadurch ist eine konstruktive Bewältigung der künftigen Aufgaben möglich.
Forderungen an den
Konvent
Die Prinzipien von Demokratie und Menschenrechten
müssen im Zentrum Europäischer Politiken stehen.
Voraussetzung dafür ist eine umfassende Vorstellung,
wie diese Werte sowohl in den Politiken nach innen als auch
in den Außenbeziehungen der EU umgesetzt werden
sollen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind folgende Aspekte
besonders wichtig:
Der Konvent soll einen transparenten und öffentlich zugänglichen Arbeitsprozess organisieren und sicherstellen. Dies ist Voraussetzung dafür, möglichst viele Menschen am Reformprozess beteiligen zu können.
Die Grundrechtscharta soll integraler Bestandteil der künftigen Europäischen Verträge werden, damit sie rechtlich verbindlich wird. Grundrechte sollen beim Europäischen Gerichtshof und vor nationalen Gerichten individuell einklagbar werden.
Die Europäische Union soll die Europäische Menschenrechtskonvention und anderen internationalen Menschenrechtsvereinbarungen wie die Europäische Sozialcharta unterzeichnen. Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sollen weltweit gestärkt werden.
Die Soziale Dimension der Europäischen Verträge soll gestärkt werden. Armut und soziale Ausgrenzung sind noch immer Alltag. Arbeitslosigkeit bleibt für Millionen Menschen in der Union ein ungelöstes Problem. Daher soll die Europäische Union gemeinsame Politiken entwickeln, die jedem Menschen in der Union Möglichkeiten zur effektiven Wahrnehmung sozialer Rechte gewährleisten.
Bürgerliche Rechte in der Europäischen Union sollen geschützt und weiterentwickelt werden. In der Union werden Justiz- und Innenpolitik zunehmend vergemeinschaftet. In diesem Prozess soll besonders auf die Wahrung von Bürgerrechten geachtet werden.
Die Verarbeitung der Geschehnisse des 11. Septembers 2001 hat umfassendes staatliches Handeln erfordert. Rassismus, Diskriminierung gegenüber Flüchtlingen, Asylbewerbern und Migranten waren bereits vorher große Herausforderungen für die Union und ihre Mitgliedstaaten. Die Sicherung von Menschenrechten und humanitäres Handeln sowie der Schutz von Minderheiten und die Wahrung ihrer Rechte bleiben weiterhin eine zentrale Aufgabe.
Die Europäische Union soll einen direkteren, effektiven und strukturierten Dialog mit der Zivilgesellschaft führen. Verfahren und Regeln für einen solchen Dialog sollen entwickelt werden, die auch eine Stärkung des Dialogs zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren in den Mitgliedstaaten und Europäischen Institutionen fördern.
Zur Stärkung ihrer demokratischen Legitimation soll die Europäische Union klare Verfahren entwickeln, die Transparenz, Kompetenz und Kontrolle innerhalb der Union sowie im Verhältnis zu ihren Mitgliedstaaten sichern.
Auch in den Außenbeziehungen sollen internationale Menschenrechtsstandards als Maßstab für Europäische Politik, das Handeln ihrer Institutionen und der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik dienen. Die Europäische Union soll in diesem Sinn auch im globalen Rahmen und innerhalb der Vereinten Nationen eine Vorreiterrolle übernehmen.
Der Konvent ist das zentrale Forum für die Erarbeitung einer Vision von der künftigen Gestaltung der Europäischen Union. Von ihm muss ein starkes Signal ausgehen an die Menschen innerhalb und außerhalb der Union.
Er muss ein Zeichen dafür setzen, dass die Union ihre Ziele und Wertvorstellungen konsequent verfolgt, dass Menschenrechte, Demokratie, Solidarität und Nachhaltigkeit einen Rahmen für die Entwicklung im 21. Jahrhundert darstellen und dass die Europäische Union dabei einen positiven und konstruktiven Beitrag leisten wird.
Dabei werden wir den Konvent unterstützen und seine Arbeit weiterhin intensiv begleiten.