Bozen, 22. Dezember 2004
Diese Woche hat das Europäische
Komitee für Soziale Rechte die Kollektive Beschwerde gegen
Italien als annehmbar erklärt. Die Beschwerde, die vom
European Roma Rights Center (ERRC) eingereicht wurde, beschuldigt
Italien, in Theorie und Praxis eine rassistische Wohnpolitik
gegenüber Roma zu betreiben. Anfang 2005 wird das Komitee
die italienische Wohnpolitik in Bezug auf Roma prüfen, um
festzulegen, ob Italiens Politik seiner Verpflichtungen mit der
Europäischen Sozialcharta (revidiert) nachgeht.
Die Wohnlösungen für Roma in Italien sehen alle die
Trennung vom Großteil der italienischen Gesellschaft vor
und schließen so die Roma gewollt aus. Auf diese Weise
werden alle Integrationsversuche zum Scheitern verurteilt und die
Roma werden der Gefahr einer rassistischen Segregation
ausgesetzt. Eine bedeutsame Anzahl der Roma-Wohnlager in Italien
zeichnen sich durch unzumutbaren Lebensbedingungen aus, die
Gesundheit und Leben der Einwohner gefährden.
Aufgrund der regelmäßigen und systematischen
Zwangsräumungen ihrer Wohnplätze, zu denen die
italienischen Autoritäten die Roma zwingen, fällt
Italien zudem in den Verdacht, mehrere internationale Gesetze zu
missachten. Während der Zwangsräumungen müssen die
Roma die willkürliche Zerstörung ihres Eigentums,
beleidigende Ausdrücke und Sprachweisen und andere
Erniedrigungen seitens der Autorität dulden. In vielen
Fällen wurden die Menschen in Folge einer solchen
Polizeiaktion obdachlos, oftmals werden ganze Roma-Gruppen im
Laufe eine Räumung aus Italien abgeschoben. Ein
Großteil der Roma-Bevölkerung in Italien lebt in
ständiger Angst vor einer Zwangsräumung.
Die Kollektive Beschwerde, die im Juni 2004 vom ERRC in
Zusammenarbeit mit verschiedenen lokalen Partnern eingereicht
wurde, ist das Ergebnis einer sechs-jährigen
Dokumentationsarbeit über die Beachtung der Rechte der Roma
in Italien. Nach dem Zulässigkeitsentschluss der Beschwerde
hat die Exekutivdirektorin des ERRS Dimitrina Petrova
erklärt: "Unsere Arbeit in Italien wurde von einem
institutionellen Umfeld, das sich jeglichem Wechsel in der
Anwendung der Menschenrechte beharrlich verweigert, systematisch
behindert. Nachdem wir feststellen mussten, dass die italienische
Regierung trotz unserer wiederholten Opposition gegen eine
rassistische Wohnpolitik unfähig ist, eine bedeutsame Aktion
einzuleiten, haben wir uns an das Komitee gewandt."
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)
unterstützt die Dokumentations- und Protestarbeit des ERRC
und verurteilt klar und bündig die Diskriminierung der Sinti
und Roma in Italien. Die GfbV verlangt außerdem, dass Sinti
und Roma endlich als ethnische Minderheit anerkannt werden, was
wiederum eine Integration im Respekt ihrer kulturspezifischen
Eigenheiten erleichtern würde.