Bozen, 13. Oktober 2003
Der Journalist des Spiegel-online-Dienstes und Buchautor gilt
als ein Provokateur. Seit Jahren geißelt es ungeschminkt
den als Antizionismus verkappten Antisemitismus deutscher und
europäischer Linker. Deren einseitige Solidarität mit
den Palästinensern, das "tiefe Verständnis" für
den palästinensischen "bewaffneten Kampf" und linke
Vorwürfe gegen Israel, wie Nazis zu agieren, bringt Broder
auf. Broder, der in Berlin und Jerusalem zu Hause ist, zeigt in Israel
wiederum wenig Verständnis für militärische
Lösungen in der Frage der besetzten Gebiete. Sein Fazit -
einst waren die Palästinenser-Gebiete israelisch besetzt,
heute ist ganz Israel von Palästinensern besetzt. Der Terror
ist allgegenwärtig.
Vehement begegnet Broder den abstrusen Verschwörungstheorien
zu den islamistischen Terroranschlägen vom 11. September.
Laut den Verschwörungstheoretikern aus rechter und linker
Ecke waren nicht islamistische Terroristen die Verantwortlichen
der Anschläge, sondern us-amerikanische und israelische
Geheimdienste. Die jüdische Weltverschwörung wird
wieder beschworen, warnt Broder in seinen journalistischen
Arbeiten. Mit besonderem Spott bedachte Broder die deutsche
Friedensbewegung, die Millionen Menschen gegen den Irak-Krieg
mobilisierte. Die Pazifisten schwiegen aber zu den Massakern an
Kurden und Schiiten durch das Saddam Hussein-Regime, schwiegen,
als beim ersten Golfkrieg irakische Scud-Raketen auf Tel Aviv und
Jerusalem abgeschossen wurden.
Blauäugigkeit warf Broder der Friedensbewegung während
des Jugoslawienkrieges vor. "Der Beschluß des Bundestages,
deutsche Soldaten als Teil einer internationalen Eingreiftruppe
ins ehemalige Jugoslawien zu schicken, hat friedenspolitische
Energien in einem Ausmaß aktiviert, wie dies angesichts der
Massaker von Gorazde und Srebrenica hätte der Fall sein
müssen". Broder provokativ: "Man kann von Glück sagen,
daß es 1944 keine organisierte Friedensbewegung in
Deutschland gegeben hat. Ihre Anhänger hätten zwar
ihren Abscheu vor der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft
bekundet, zugleich aber die Intervention der Allierten
verurteilt: als weitere Eskalation der Gewalt, die nur Gewalt
erzeuge".
Henryk Broder, auf Einladung der Gesellschaft für
bedrohte Völker, zu Gast in Südtirol
am 20. Oktober an der Handelsoberschule in Bozen von 11.30
bis 13.00 Uhr,
am 20. Oktober an der Europäischen Akademie in Bozen
ab 15 Uhr,
und am 21. Oktober um 20 Uhr im Hörsaal 1 der
Philosophisch-Theologischen Hochschule in Brixen, eine
Veranstaltung mit der Fakultät der Bildungswissenschaften
der Universität Bozen.
Siehe auch Unabhängige jüdische Meinungsforum www.semit.net und die
Broder-homepage www.henryk-broder.de