Bozen, Göttingen, Genf, 15. März 2004
Zum Auftakt der 60. Menschenrechtskommission der Vereinten
Nationen in Genf hat die Gesellschaft für bedrohte
Völker International (GfbV) am Montag das Schweigen Europas
zu Menschenrechtsverletzungen in China kritisiert und der EU
Einäugigkeit und Opportunismus vorgeworfen. "Wer
Resolutionen zu Zimbabwe, Nordkorea und Burma einbringt, darf zur
Repression in China nicht schweigen", forderte der Asienreferent
der deutschen GfbV-Sektion, Ulrich Delius, in Göttingen. "Es
ist eine Bankotterklärung für die europäische
Menschenrechtspolitik, dass die EU trotz einer
nachdrücklichen Empfehlung des Europaparlaments keinen
Entwurf für eine kritische Resolution zu China einbringen
wird." Es sei alarmierend, wenn nun auch bei den
Koalitionspartnern in der deutschen Bundesregierung keine
Einigkeit mehr bei der Verurteilung der
Menschenrechtsverletzungen in China bestünde. In den
Vorjahren hatte sich Berlin in der EU noch für eine
China-Resolution eingesetzt.
Kein Land verletze in vielfältigerer Weise systematisch die
Menschenrechte. Kein Staat vollstrecke mehr Todesurteile, halte
mehr Menschen in Arbeitslagern fest, inhaftiere mehr Journalisten
und schließe mehr Bürger von einem freien Zugang zum
Internet aus. Die gestern vom Nationalen Volkskongress Chinas
beschlossene Verankerung von Menschenrechten in der Verfassung
sei Augenwischerei. Auch die Religionsfreiheit sei in der
Verfassung garantiert. Ungeachtet dessen sei am 5. März der
katholische Bischof Wei Jingyi verhaftet worden. Zwei Führer
der verbotenen protestantischen Hauskirchen, Liu Fenggang und Xu
Yonghai, waren am 25. Februar wegen des Verrats von
Staatsgeheimnissen angeklagt worden. Allein im Januar 2004 seien
mehr als 300 Gläubige und Priester verhaftet worden. Die
Meditationsgruppe Falun Gong werde trotz der
Verfassungsbestimmung weiter zerschlagen. Solange es in China
keine unabhängigen Gerichte gebe, werde die staatliche
Willkür und Repression anhalten.
Die GfbV hat in diesem Jahr elf schriftliche Statements bei
der UN- Menschenrechtskommission eingereicht:
- Marokko blockiert Friedensplan für die Westsahara,
- Die Straflosigkeit für Kriegsverbrecher in der Republik
Srpska / Bosnien muss enden,
- Katastrophale Lage der Binnenflüchtlinge in Uganda,
- Tibet und das Recht auf Entwicklung in der Volksrepublik
China,
- Folter und andere Misshandlungen in der Türkei,
- Religiöse Intoleranz in Saudi-Arabien (Christen, Schiiten)
Irak (Christen, Yezidi) und Iran (Bahai'i),
- Die schwierige Lage von Roma-Frauen in den neuen EU-
Beitrittsländern,
- Die Internationale Kinderrechtskonvention und Abschiebungen
von Kindern aus Deutschland,
- Lage von Sinti und Roma in Deutschland,
- Stärkung der Rechte indigener Völker / Vorschlag
einer Verlängerung der im Dezember 2004 endenden UN-Dekade
indigener Völker,
- Übergriffe auf Menschenrechtler in Tschetschenien /
Russische Föderation.
Geplante mündliche Statements:
- Verletzung des Rechts auf Bildung in Tibet / VR China,
- Rassismus gegen Kurden in Syrien,
- Schwierige Lage der Flüchtlinge in Darfur im Westen des
Sudan,
- Anhaltende schwere Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien
/ Russische Föderation,
- Menschenrechtsverletzungen an indigenen Völkern in
Brasilien, - Krieg und Menschenrechte in Aceh / Indonesien.