Bozen, Göttingen, 15. Juli 2004
Die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) hat der sudanesischen Regierung am
Donnerstag vorgeworfen, das Ausmaß der humanitären
Katastrophe in Darfur systematisch zu verschleiern, um die
Verhängung von UN-Sanktionen gegen den Sudan zu verhindern.
"Die sudanesische Regierung spielt mit dem Leben von
zehntausenden unbewaffneten Zivilisten, wenn sie wider besseren
Wissens im Ausland den Eindruck erweckt, die humanitäre Lage
in dem Katastrophengebiet entspanne sich", warnte der
GfbV-Sudanexperte Ulrich Delius.
Der sudanesische Minister für humanitäre
Angelegenheiten, Ibrahim Mahmud Hamid, hatte in den vergangenen
Tagen mehrfach gegenüber Journalisten erklärt, "die
humanitäre Lage im Sudan bessert sich". Es sei zurzeit
genügend internationale Hilfe im Land. Internationale Helfer
im Westen Darfurs betonten hingegen, dass sie angesichts der
monatelangen Behinderungen durch die Behörden sowie aufgrund
logistischer Probleme und der Regenzeit noch nicht einmal ein
Minimum der benötigten Hilfe leisten könnten.
Seit Monaten beschönige Khartum die humanitäre
Katastrophe und die schweren Menschenrechtsverletzungen im Westen
des Landes, kritisierte Delius. So hatte Außenminister
Mustafa Osman Ismail dem Ausland noch am 11. Juni vorgeworfen,
die "humanitäre Krise aufzubauschen". Es seien bislang nur
1.000 Menschen in Darfur zu Tode gekommen, behauptete er. Zuvor
hatte der Minister bereits dem UN-Beauftragten für
Humanitäre Hilfe im Sudan, Mukesh Kapila, bezichtigt, einen
"Haufen voller Lügen" zu verbreiten, als dieser über
schwerste Menschenrechtsverletzungen berichtete.
Im Westen Darfurs tätige internationale Helfer berichteten
über eine dramatische Verschlechterung der humanitären
Lage, sagte Delius. Dort sei nicht annähernd genug Hilfe
vorhanden, um wenigstens die grundlegendsten Bedürfnisse der
rund 400.000 in West-Darfur lebenden Flüchtlinge zu
erfüllen. Rund 200.000 Menschen könnten von den Helfern
noch immer nicht erreicht werden, davon lebten auch 100.000
Notleidende in Gebieten, die von der sudanesischen Armee
kontrolliert würden.