Bozen, 6. August 2004
Das EU-Minderheitenbüro European Bureau for lesser used
languages in Brüssel wird geschlossen. Vor dem Aus steht
auch die Nachrichtenagentur Eurolang. Die Diskussionen um die
Verfassung und um die Grundrechtecharta zeigten es bereits klar
und deutlich - diese Europäische Union bleibt letztendlich
eine Wirtschaftsvereinigung. Die EU - kein Rechtsstaat mit hohen
menschenrechtlichen Standards für Bürger, Minderheiten
und Flüchtlinge. Die EU-Institutionen sind eine schwache
Kopie demokratischer Einrichtungen, die Menschenrechtsbelange
delegierte die EU an den Europarat. Das ist ein
Eingeständnis des Desinteresses. Trotz Charta der Regional-
und Minderheitensprachen und der Rahmenkonvention zum Schutz
nationaler Minderheiten des Europarates konnte sich die EU nicht
durchringen, in die Verfassung entsprechende Sprachenrechte
aufzunehmen.
Jetzt wird außerdem eine Institution abgeschafft, die
bisher vorsichtig aber hartnäckig Minderheitenbelange in den
EU-Apparat einbrachte. Die EU-Kommission finanziert nicht mehr
das European Bureau for lesser used languages in Brüssel.
Die acht Mitarbeiter sind bereits entlassen; auch
Generalsekretär Markus Warasin kündigte angesichts der
Entwicklung. Damit verlieren die minderheitlichen Sprachgruppen
in der EU eine Lobby-Stelle in der EU-Hauptstadt. Vier vom Eblul
eingebrachte Finanzanträge lehnte die Kommission mit dem
Hinweis ab, dass das Minderheitenbüro verschuldet ist. Die
Anträge wurden teilweise zu spät eingereicht. Die
zuständige Funktionärin informierte falsch das
Büro über die gültigen Abgabetermine.
Ist also von langer Hand geplant worden, das
Minderheitenbüro finanziell abzuwürgen? Tatsache ist,
dass das Büro nur mehr spärlich finanziert wurde, dass
es keine gesetzliche Grundlage für ein eigenes Budget gab.
Im vergangenen Jahr kritisierte in äußerst scharfem
Ton ein konservativer griechische Europaparlamentarier die Arbeit
des Eblul. Der griechische Parlamentarier wandte sich auch
deshalb gegen das Eblul, weil es in Athen eine Minderheitentagung
organisiert hatte. Der Vorwurf einer Einmischung in
innerstaatliche Belange war nur einer der Kritikpunkte. Ein
weiteres Beispiel dafür, dass die EU die "Abwürgung"
des Eblul schon seit einiger Zeit vorbereitet hatte?
Auch die mit dem Eblul verbundene Minderheitenagentur Eurolang
verlor die Finanzierung. Gearbeitet wird derzeit noch
ehrenamtlich. Es ist abzusehen, dass auch Eurolang seine
Tätigkeit einstellen wird. Es war das Europaparlament, das
mit seinen Berichten über die Lage der Minderheiten die
Gründung des Eblul "erzwang". Handelt die EU-Kommission im
Auftrag der EU-Regierungen, abseits des Parlaments, denen das
Eblul zu unbequem geworden ist? Finanzielle Engpässe
können nicht der Grund sein für die verweigerte
Finanzierung des Minderheitenbüros, denn die EU finanzierte
zum Beispiel auch die Aktivitäten der PLO in den
palästinensischen Autonomiegebieten. Mit der
Schließung des Büros in Brüssel verlieren die
Sprachminderheiten in der EU-Architektur ihren Platz.