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Österreich / Konsenskonferenz

Slowenische Förderungen endlich ernst nehmen!

Bozen, 24. Jänner 2005

Offener Brief an den Bundeskanzler der Republik Österreich Wolfgang Schüssel
zur Kenntnisnahme an Bundespräsidenten Heinz Fischer

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
Sie und die Spitze der Republik feierten am vergangenen Freitag den antinazistischen Widerstand in Österreich. Eine löbliche Initiative. Dem österreichisch geprägten nationalsozialistischen Rassenwahn fiel der Großteil der jüdischen Österreicher und der österreichischen Roma zum Opfer, verfolgt und ermordet wurden auch Angehörige der inzwischen anerkannten sechs minderheitlichen Sprachgruppen Österreichs. Mehr als 1.000 Kärntner Slowenen wurden von den österreichischen Nazi-Behörden vertrieben, mehr als 1.000 slowenische Widerstandskämpfer wurden von den NS-Wehrmacht und den Nazi-Terrororganisationen getötet.

Während Italien auf Betreiben Österreichs für Südtirol einem weitreichendem Autonomiepaket (eine Art Wiedergutmachung für faschistisches Unrecht) zustimmte, wurden die österreichischen Staatsbürger nichtdeutscher Muttersprache von der demokratischen Nachkriegsrepublik nur mit spärlichen Rechten ausgestattet. Die außerdem nur bruchstückhaft umgesetzt wurden. Die Republik Österreich begeht seit Jahrzehnten einen permanenten Wortbruch. Mit der neuen Verfassung hätte die Republik bisher Versäumtes und Unterlassenes, wie die restlose Umsetzung des Artikels 7 des Staatsvertrages, nachholen können. Stattdessen bedeutet der neue Verfassungsentwurf des Konventspräsidenten Fiedler einen nichtakzeptablen Rückschritt. Auch deshalb, weil die Sprachminderheiten Österreichs einer effiziente österreichischen Germanisierung ausgesetzt sind. Das bestätigten die Zahlen der Volkszählung.

Nutzen Sie, Herr Bundeskanzler, bei der neuen Konsenskonferenz am 25. Jänner die Chance und zeigen Sie sich angesichts des Jubiliäumsjahres großzügig. Diese Großzügigkeit forderte bereits der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Karl Korinek, ein. Bei seinem Kärnten-Besuch im vergangenen Jahr drängte auch der Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder darauf, daß die deutschsprachige Mehrheit der slowenischen Minderheit entgegenkommt. Wir erinnern Sie daran, daß laut Artikel 7 des Staatsvertrages in allen Verwaltungsbezirken Kärntens und des Burgenlands mit "gemischter Bevölkerung" zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden müssen. In Kärnten wird diese Verpflichtung seit Jahrzehnten ignoriert. Im Dezember 2001 hatte der VfGH die Kärntner Ortstafelregelung schließlich aufgehoben. Eine verfassungskonforme Neuregelung ist nach wie vor ausständig. Der Rat der Kärntner Slowenen (http://www.nsks.at/aktuelles.php) fordert - gemäß Artikel 7 - 800 zweisprachige Ortstafeln (http://www.digitalien.at/vorschlag.doc).

Es ist reinster Chauvinismus, wenn die Kärntner FPÖ feststellt, daß der Artikel 7 des Staatsvertrages bereits "zu 110 Prozent" erfüllt ist. Es ist politische Erpreßung, wenn der slowenischen Minderheit mehr Förderung angeboten wird, wenn sie im Gegenzug auf weitere zweisprachige Ortstafeln verzichtet. Die sichtbare Verwendung der Minderheitensprachen zeigt, daß die Förderung minderheitlicher Bevölkerungsgruppen ernst genommen wird. Sehr geehrter Herr Bundeskanlzer, folgen Sie dem Beispiel des ÖVP-Nationalrates und Mitarbeiters der UN-Menschenrechtskommission Felix Ermarcora, der sich engagiert für die Sprachminderheiten einsetzte. " ... Angesichts dessen sollte nicht übersehen werden, daß die Republik für die detusch-österreichischen Südtiroler mehr Rechte verlangt, als sie für die Minderheiten in Österreich selbst zu geben vermag," stellte Ermarcora 1988 fest. Daran hat sich bisher nichts geändert. Das Jubiläumsjahr sollte als Anlaß genommen werden, eine neue Minderheitenpolitik zu starten. Auch auf der Konsenskonferenz, auf der sich die Mehrheit gegenüber der Minderheit öffnen soll.


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050112ade.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040705de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040701de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040220de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/031110de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/031110de.html | www.gfbv.it/3dossier/oevz/2005/050112.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/oe-klestil.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/oe-konvent.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/regenbogen.html

* www: http://volksgruppen.orf.at/volksgruppen/hrvati/visti/stories/24358/ | www.konvent.gv.at/pls/portal/docs/PAGE/K/ZD/Bundesverfassung.pdf | www.kv-roma.at | www.eblul.org | europa.eu.int/futurum/ | www.initiative.minderheiten.at | www.hravtskicentar.at | volksgruppen.orf.at

Letzte Aktual.: 24.1.2005 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050124ade.html | XHTML 1.0 / CSS / WAI AAA | WEBdesign, Info: M. di Vieste

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