Bozen, Göttingen, 4. November 2005
Angesichts des drohenden Krieges von Äthiopien gegen
Eritrea hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)
am Freitag scharf kritisiert, dass der äthiopische
Premierminister Meles Zenawi zu der von Bundespräsident
Horst Köhler angeregten Konferenz "Partnerschaft mit Afrika"
nach Bonn eingeladen worden ist. "Auf dieser für Afrika
wichtigen Konferenz sollte kein Platz für ruchlose
Diktatoren sein", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich
Delius. "Äthiopiens starker Mann symbolisiert nicht Frieden
und Demokratie für Afrika, sondern ist für den Tod von
100.000 Menschen in einem absurden Krieg mit Eritrea
verantwortlich." Mit seiner unnachgiebigen Haltung im Grenzstreit
mit dem Nachbarland provoziere er nun erneut Krieg im Horn von
Afrika. Auch der gewaltsame Tod von mindestens 25 Demonstranten
bei blutigen Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und
Unterstützern der Oppositionsparteien in Addis Abeba in den
vergangenen drei Tagen sei eine denkbar schlechte Referenz
für seine Teilnahme an der Konferenz in Bonn.
Die GfbV begrüßte die Initiative des
Bundespräsidenten, gemeinsam mit führenden Politikern
aus Afrika, Schriftstellern und Afrikakennern über
Perspektiven einer Partnerschaft mit Afrika am 5./6. November auf
dem Petersberg bei Bonn zu beraten. Doch nur wenige der aus
Afrika eingeladenen Teilnehmer hätten sich bislang durch
großes Engagement für Menschenrechte, Frieden und
Demokratie hervorgetan, kritisierte Delius. So wisse sich
Nigerias demokratisch gewählter Präsident Olusegun
Obasanjo nur mit dem Einsatz des Militärs zu helfen, um das
Auseinanderbrechen seines Landes zu verhindern. Seine Regierung
habe sich als unfähig erwiesen, die zunehmenden ethnischen
und religiösen Konflikte in Nigeria friedlich zu lösen
und sei mitverantwortlich für den Tod von mehr als 10.000
Menschen bei ethnischen Auseinandersetzungen.
Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi verletze das
Völkerrecht, wenn er sich heute weigere, das im Dezember
2000 mit Eritrea vereinbarte Friedensabkommen umzusetzen. In
Artikel 4, Paragraph 15 des Abkommens hatten sich die
Vertragsparteien verpflichtet, die Entscheidung einer
unabhängigen eritreisch-äthiopischen Grenzkommission
über den zukünftigen Verlauf der Grenze zu
respektieren. Da Äthiopien heute trotzdem auf
Neuverhandlungen bestehe, missachte es einen völkerrechtlich
gültigen Vertrag und heize die zwischen beiden Staaten
ohnehin schon bestehenden Spannungen weiter an. "Meles Zenawis
Politik kann schon bald ein neues Massensterben am Horn von
Afrika auslösen", warnte Delius, "und ist Ausdruck des seit
Jahrzehnten beklagten Desinteresses afrikanischer Despoten am
Schicksal ihrer Völker. Daher darf für ihn kein Platz
an Bonner Verhandlungstischen sein."