Bozen, Göttingen, 23. Mai 2006
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am
Dienstag vor einer neuen Flüchtlingstragödie in
Südasien gewarnt. Denn mindestens 21.170 in Bangladesch
lebende muslimische Rohingya-Flüchtlinge sollen jetzt
zwangsweise in den Verfolgerstaat Burma zurückgeführt
werden. "Die Rohingya zählen weltweit zu den am wenigsten
bekannten Flüchtlingsgruppen, obwohl Hunderttausende aus
Burma fliehen mussten", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich
Delius. Dort würden die Rohingya aufgrund ihres muslimischen
Glaubens und ihrer Abstammung massiv diskriminiert und verfolgt.
Niemand kümmere sich um diese Glaubensflüchtlinge, die
zum Spielball regionaler Machtinteressen und der anhaltenden
Repression gegen Nationalitäten im Vielvölkerstaat
Burma geworden seien.
Dringend appellierte die GfbV in Schreiben an die
Europäische Union und die Geberländer Bangladeschs,
eine Zwangsrückführung der Flüchtlinge zu
verhindern und Bangladesch finanzielle Hilfe für die
Betreuung des Rohingya anzubieten. Bangladesch hatte die EU am
3. Mai 2006 deshalb um Hilfe gebeten. "Wahrscheinlich werden noch
viel mehr als diese 21.170 Glaubensflüchtlinge nach Burma
deportiert werden, weil mindestens weitere 50.000
Rohingya-Flüchtlinge illegal im Bezirk Cox´s Bazar
entlang der Grenze zu Burma leben", befürchtet die GfbV. In
den vergangenen 25 Jahren haben nach schweren
Menschenrechtsverletzungen in dem überwiegend buddhistisch
geprägten Burma mehr als 300.000 Rohingya im Nachbarland
Zuflucht gesucht. Ungeachtet ihrer Proteste wurden die meisten
inzwischen zurückgeführt.
Die 700.000 Muslime stellen rund ein Drittel der
Bevölkerung in dem im Westen Burmas gelegenen Rakhine-Staat.
Burmas Regierung verweigert ihnen die burmesische
Staatsbürgerschaft und macht sie so zu Staatenlosen. Pogrome
der buddhistischen Mehrheitsbevölkerung und Massaker
burmesischer Sicherheitskräfte waren Burmas Antwort auf
Proteste der muslimischen Minderheit gegen ihre Diskriminierung,
die bis heute andauert. So ist es Rohingya nicht möglich,
führende Positionen in Armee, Verwaltung und Wirtschaft zu
bekleiden. Bei der Vergabe von Arbeitsplätzen werden sie
benachteiligt, von Behörden schikaniert. Erst im April 2006
war ein Rohingya-Ehepaar zu sieben Jahren Haft verurteilt worden,
weil es ohne behördliche Genehmigung geheiratet hatte. Drei
Jahre hatten die Eheleute zuvor vergeblich auf die Erteilung
einer Erlaubnis gewartet.
Durch die gezielte Ansiedlung von Buddhisten wird den Rohingya
ihre Heimat genommen und zugleich die Grenze zum Nachbarland
Bangladesch gesichert, um die Flucht weiterer Muslime zu
verhindern. Bangladesch und Burma vereinbarten bei ihren
jüngsten Verhandlungen auch eine bessere Sicherung der
Grenzen.