Bozen, Göttingen, 12. Februar 2007
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat dem
russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen seiner Warnungen
vor einem neuen Rüstungswettlauf am Montag Heuchelei
vorgeworfen. Kein Staat exportierte mehr Waffen in die Dritte
Welt als Russland, erklärte die GfbV. Russland habe im Jahr
2005 Waffen im Wert von sieben Milliarden US- Dollar an
Entwicklungsländer geliefert, 2004 für 5,4 Milliarden
US-Dollar. So werde nicht nur der Völkermord in Darfur mit
Waffen aus Russland angeheizt, sagte der GfbV-Afrikareferent
Ulrich Delius Delius. Moskau liefere auch ohne Rücksicht auf
Spannungsgebiete Rüstungsgüter an Iran, Syrien, China,
Nepal, Indien und Indonesien sowie an 54 weitere Staaten. Unter
Präsident Putin seien die russischen Waffenexporte von 2002
bis 2005 um das 15-Fache gestiegen, erklärte die staatliche
russische Waffenexportagentur Rosoboronexport am 21. November
2005. Stolz habe Putin noch am 30. März 2006 erklärt,
dass Russlands Waffenexporte im Jahr 2005 die Erwartungen um 25
Prozent übertroffen hätten. Putin hatte auf der
Münchener Sicherheitskonferenz am Samstag vor einem neuen
Rüstungswettlauf in der Welt gewarnt.
70 Prozent der russischen Waffenexporte entfallen dem
Stockholmer International Peace Research Institute (SIPRI)
zufolge auf China und Indien (43% China, 25% Indien). Chinas
Hochrüstung, die von dem benachbarten Japan und Taiwan als
Bedrohung empfunden wird, bedrohen Stabilität und Frieden in
Ostasien, meinte Delius. Auch Indien müsse aufgrund seiner
Spannungen mit Pakistan noch immer als Krisengebiet angesehen
werden. Während Indien und Pakistan im Jahr 2002 an der
Schwelle zu einem Atomkrieg standen, lieferte Russland Indien
Kampfjets.
Besonders problematisch seien jedoch die fortgesetzten
russischen Waffenlieferungen an Iran, Syrien und den Sudan. Trotz
massiver internationaler Proteste habe Russland 29 TOR M1 -
Luftverteidigungssysteme an den Iran im Wert von 700 Millionen
US-Dollar im Dezember 2006 geliefert. Insgesamt vereinbarte
Russland im Jahr 2006 Waffenexporte in den Iran im Wert von vier
Milliarden US-Dollar sowie von zwei Milliarden US-Dollar an
Syrien (vor allem SA-18 Boden-Luft-Raketen). In Afrika heize
Russland den Rüstungswettlauf besonders an. So liefere es
unter anderem Rüstungsgüter an Sudan, Äthiopien,
Uganda, Angola, Marokko, Algerien und Libyen. In Somalia und
Kongo werde mit russischen Waffen gekämpft. Im Krieg
zwischen Äthiopien und Eritrea (1998-2000), der 100.000
Menschenleben gefordert habe, seien vor allem russische Waffen
eingesetzt worden.
Wichtiger Rüstungsempfänger sei auch der Sudan. Im
Oktober 2006 habe der sudanesische Verteidigungsminister
Abdelrahim Hussein noch in Moskau um eine Anleihe in Höhe
von einer Milliarde US-Dollars für weitere Waffenkäufe
gebeten. Trotz des Völkermordes in Darfur habe Russland 2004
zehn MiG-29SE Kampfjets und zwei MiG 29-Übungsflugzeuge an
den Sudan geliefert. Auch unternehme Putin nichts dagegen, dass
russische Antonow-Bomber regelmäßig in Darfur vor
Überfällen der Janjaweed- Milizen Dörfer
bombardieren. Dabei habe der Weltsicherheitsrat sich schon im
Sommer 2006 für die Einrichtung einer Flugverbotszone
über Darfur ausgesprochen, um den Terror gegen die
Zivilbevölkerung einzudämmen.