Bozen, Göttingen, 31. Januar 2008
Die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am
Donnerstag vor einer weiteren Eskalation der Gewalt im Süden
Thailands gewarnt. Die Menschenrechtsorganisation appellierte an
den am vergangenen Montag (28. Januar) neu gewählten
Premierminister Samak Sundaraveij, sich aktiver um Frieden
für Südthailand zu bemühen. Die Taktik der
vorangegangenen Regierungen, ausschließlich auf eine
militärische Zerschlagung der Rebellenbewegungen im
muslimisch geprägten Süden des Landes zu setzen, sei
gescheitert. "Mit Razzien, willkürlichen Massenverhaftungen,
Internierungslagern und ständigen Übergriffen auf die
Zivilbevölkerung schafft man kein Vertrauen", mahnte der
GfbV- Asienreferent Ulrich Delius. Die Spirale der Gewalt in
Südthailand drehe sich immer schneller. So seien im Jahr
2007 mehr als 860 Menschen dem Bürgerkrieg zum Opfer
gefallen. Pro Monat würden durchschnittlich mehr als 200
politisch motivierte Überfälle, Anschläge der
muslimischen Freiheitsbewegungen oder Vergeltungsaktionen der
Armee registriert.
"Die Zivilbevölkerung leidet entsetzlich unter der
zunehmenden Gewalt; sie wird zwischen den muslimischen
Freiheitsbewegungen und der Armee zerrieben", erklärte
Delius. "Beide Konfliktparteien verletzen massiv die
Menschenrechte. 444 Bombenanschläge, 2.025 gewalttätige
Zwischenfälle, 1.167 Überfälle mit Feuerwaffen,
281 Brandanschläge, Einschüchterungen, Todesdrohungen,
willkürliche Festnahmen, monatelange Inhaftierungen ohne
Haftbefehl und Gerichtsverfahren, Sippenhaft und Folter haben die
Menschen im letzten Jahr zermürbt und das öffentliche
Leben im Süden Thailands weitgehend lahm gelegt." Lokale
Menschenrechtsgruppen fürchteten Übergriffe der
Militärs, die jede unabhängige Recherche und
Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen
unterdrückten.
Die bis zu den Wahlen am Montag amtierende
Militärregierung, die sich am 19. September 2006 an die
Macht geputscht hatte, habe Friedensinitiativen versprochen,
jedoch den Ankündigungen keine Taten folgen lassen. Der nun
abgewählte Premierminister General Surayud Chulanont habe
sich sogar für mehrere Massaker der Armee an Muslimen im
Süden Thailands entschuldigt. Doch auch er habe weiterhin
auf eine "militärische Lösung" des Konflikts gesetzt
und neuerliche Übergriffe von Soldaten auf Zivilisten nicht
verhindert.
"Die Probleme in Südthailand sind hausgemacht", sagte
Delius, "Der Hinweis der Militärregierung auf
mutmaßliche Verbindungen der Rebellen mit der
Terrorbewegung El Kaida ist absolut irreführend." Seit
Jahrzehnten klage die dort lebende muslimische malaiische
Minderheit, die vier Prozent der 64 Millionen Bürger
Thailands stelle, über Diskriminierung und die
Vernachlässigung Südthailands durch die
Zentralregierung. "Solange man in Bangkok noch nicht einmal frei
über eine Autonomie für den Süden des Landes reden
darf, gibt es kaum Perspektiven für eine friedliche
Lösung des Konflikts", erklärte Delius.