Bozen, Göttingen, 19. August 2008
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am
Dienstag vor zu großen Hoffnungen auf einen dauerhaften
Frieden in den Tuareg-Gebieten im Norden der westafrikanischen
Staaten Niger und Mali gewarnt. Am Vorabend hatten sich
Führer von bewaffneten Tuareg-Bewegungen nach
Gesprächen mit Libyens Staatschef Muammar al Gaddafi bereit
erklärt, ihre Waffen niederzulegen. "Vor allem im Niger sind
die Chancen für einen dauerhaften Frieden gering, da die
Regierung in Niamey bislang keine Kompromissbereitschaft
gegenüber den Tuareg zeigt", warnte der GfbV- Afrikareferent
Ulrich Delius. "Gaddafi ist bekannt für seine symbolischen
Friedensinitiativen, die auch im Falle Darfurs und des Tschad
selten von Dauer waren."
Erst vor wenigen Tage habe die bedeutendste
Tuareg-Freiheitsbewegung im Niger, die "Bewegung der Nigrer
für Gerechtigkeit" (Mouvement des Nigériens pour la
Justice, MNJ), ihre Forderung nach einer Beteiligung der Tuareg
an 30 Prozent der Erträge aus dem Uranabbau auf ihrem Land
bekräftigt, sagte Delius. Eine gerechtere Aufteilung der
Erlöse aus der Uranförderung gehört zu den
wichtigsten Forderungen der MNJ. Die Regierung des Niger habe
jedoch noch nicht einmal Gesprächsbereitschaft mit der
Freiheitsbewegung signalisiert.
Skepsis sei auch deswegen angebracht, weil die MNJ erst am 8.
August 2008 einen Militärposten in Tchirozérine im
Norden des Niger angegriffen habe. Großes Aufsehen habe
auch der Überfall auf die Militärgarnison in der Stadt
Agadez am 10. Juli 2008 ausgelöst. Seit dem Beginn der
Tuareg- Revolte im Norden des Niger im Februar 2007 hat die MNJ
mit spektakulären Überfällen auf
Militärposten auf sich aufmerksam gemacht. Schon in den
90-er Jahren hatten bewaffnete Tuareg in Niger und Mali mehr
Hilfen für ihr Volk gefordert.
"Solange die Regierung des Niger jeden politischen Hintergrund
der Rebellion leugnet und Kontakte internationaler
Hilfsorganisationen sowie von Journalisten mit der MNJ
kriminalisiert, gibt es wenig Chancen auf Frieden im Niger",
erklärte Delius. Erst Ende Juli 2008 hatten die
Behörden die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" aus
der Region Maradi ausgewiesen, weil ihr Kontakte mit
Tuareg-Organisationen unterstellt wurden. Seit September 2007
werde der angesehene Journalist Moussa Kaka in Haft gehalten,
weil er über die Hintergründe des Aufbegehrens der
Tuareg informieren wollte. Zwar habe der ermittelnde Richter am
23. Juli die Anklagepunkte fallen lassen, doch seine Freilassung
sei erneut am Einspruch der Bundesanwaltschaft des Niger
gescheitert.
Auch in Mali sei die Lage schwierig, da die Tuareg sich nicht
einig seien. Die Chancen für einen Frieden hätten sich
hier jedoch erhöht, weil seit Ende Juli 2008 bisher 26
Soldaten, die von den Tuareg festgehalten worden waren,
freigelassen worden sind.