Bozen, Göttingen, 20. August 2008
Mit dem dringenden Appell, ihre Konfrontation mit den
indigenen Völkern des Amazonasgebietes zu beenden und den
Dialog mit den protestierenden Ureinwohnern zu suchen, hat sich
die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag
an die Regierung von Peru gewandt. "Dem entschlossenen, zugleich
aber auch verzweifelten Widerstand der Indigenen gegen den
Ausverkauf ihrer Lebensgrundlage mit Gewalt zu begegnen, ist der
falsche Weg: Diese Gemeinschaften kämpfen um ihr nacktes
Überleben und um ihre verbrieften Rechte", schrieb die
internationale Menschenrechtsorganisation an den Präsidenten
und an den Ministerpräsidenten des südamerikanischen
Landes, Alan García und Jorge del Castillo. Die GfbV
kündigte gleichzeitig an, dass sie in den kommenden Tagen
Hunderte von kirchlichen Institutionen, Menschen- und
Bürgerrechtsorganisationen in der westlichen Welt
anschreiben werde mit der Bitte, sich ebenfalls für die
Sache der Indigenen in Peru stark zu machen.
Über die Köpfe der Amazonasindianer hinweg habe die
Regierung mehr als 30 neue Gesetze erlassen, die den Verkauf von
Gebieten indigener Völker erleichtern, kritisierte die GfbV.
Damit seien internationale Richtlinien zum Schutz der Ureinwohner
verletzt worden wie die Allgemeine Erklärung der Vereinten
Nationen zu den Rechten der indigenen Völker. Auch die
Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation
(International Labour Organisation), die die Rechte der Indigenen
verbindlich festschreibe und von Peru ratifiziert worden sei,
werde jetzt offenbar ignoriert, um den Verkauf riesiger
Waldgebiete an multinationale Konzerne zu beschleunigen. Diese
sind besonders an der Förderung des dort lagernden
Erdöls und Erdgases interessiert.
In Peru haben in den vergangenen Tagen Tausende von Indianern in
verschiedenen Landesteilen Öl- und Gasanlagen,
Wasserkraftwerke, Straßen und Brücken besetzt. Die
Regierung hat in den vier Provinzen Bagua, Utcubamba, Datem el
Maranón und La Convención den Ausnahmezustand
ausgerufen und die Armee in die Krisenregionen entsandt.
Die Öl- und Gasförderung im Amazonasgebiet hat bereits
schwere Umweltschäden verursacht und die Lebensgrundlage
sowie die Gesundheit vieler indigener Völker zerstört.
Das Camisea-Projekt im Südosten des Landes (Urubamba) ist
das größte Gasförderungsprojekt der peruanischen
Geschichte. Es hat schwerwiegendste Folgen für die 8700
Machiguenga sowie die kleinen Gemeinschaften der Nahua, Nanti und
Kirineri. Beinahe 75 Prozent der Gasförderung finden in
einem Gebiet statt, in dem es kleine indigene Völker gibt,
die in freiwilliger Isolation leben. Rund 70 Prozent der
peruanischen Amazonasregion ist bereits in so genannte
Erdölblocks aufgeteilt, darunter einige
Naturschutzgebiete.