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Hungersnot in Ostafrika: Regierungen müssen umdenken

Wer Hungerkatastrophen verhindern will, muss Nomaden stärker berücksichtigen

Bozen, Göttingen, 28. Juli 2011

Samburu Nomaden beim Feuermachen. Samburu Nomaden beim Feuermachen.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert ein Umdenken in der Katastrophenhilfe. Um verheerende Hungersnöte zu verhindern, müssten Warnsignale traditioneller Gesellschaften wie der Nomaden in Ostafrika endlich beachtet werden. "Das Verteilen von Nahrung kann nur ein allerletztes Hilfsmittel sein, um Menschenleben zu retten", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. "Doch so werden die Probleme langfristig nicht gelöst, sondern nur neue Abhängigkeiten geschaffen. Außerdem ist Katastrophenhilfe finanziell enorm aufwändig."

"Viele Hungersnöte in Ostafrika könnten verhindert werden, wenn Regierungen und Behörden mehr Respekt gegenüber den Nomaden zeigten und schon erste Anzeichen für Versorgungsschwierigkeiten ernster nehmen", sagte Delius. Menschenrechts- und Hilfsorganisationen hatten schon im vergangenen Jahr auf eine starke Zunahme von Viehdiebstählen hingewiesen. Sie sind ein deutliches Indiz dafür, dass sich der Kampf um fruchtbares Weideland und Brunnen zuspitzt.

Doch statt sich intensiv mit den Problemen der Nomaden, die die größte Bevölkerungsgruppe in den von Hunger bedrohten Regionen Ostafrikas stellen, auseinanderzusetzen, dringen die Regierungen Ostafrikas auf eine Ansiedlung der Hirten als Bauern. Denn die Behörden halten die nomadische Wirtschaftsweise für archaisch. Landwirtschaftsexperten hingegen sind sich einig, dass nur Nomaden in diesen äußerst trockenen Regionen überleben können. Sie leisten mit ihrer Vieh- und Milchproduktion einen wichtigen Beitrag zur Volkswirtschaft dieser Staaten.

Die Nomaden fordern langfristige Programme für die Förderung ihrer Wirtschaftsform, mehr Brunnen und bessere Wasserpumpen, mehr Fortbildung, die Impfung ihrer Viehherden sowie freien Zugang zu Weiden in Nachbarländern, die traditionell bei ausbleibendem Regen als Ausweichflächen genutzt werden. Zurzeit werden Nomaden an den Staatsgrenzen Kenias, Ugandas und Tansanias oft von Grenzbeamten verhaftet oder erschossen, wenn sie vor der Dürre in Nachbarländen Schutz suchen. Auch könnten Hungerkatastrophen verhindert werden, wenn den Nomaden rechtzeitig Viehfutter zur Verfügung gestellt würde, um die Vernichtung ihrer Herden zu verhindern.

Bis zu 400 Millionen Euro werden in den kommenden Wochen in Somalia, Uganda, Kenia und Äthiopien benötigt, um ein Massensterben zu verhindern. "Und die nächste Hungerkatastrophe ist vorprogrammiert. In drei Jahren könnte die Region erneut unter massiver Dürre leiden", warnte Delius. Waren es vor 50 Jahren noch Zehn-Jahres-Zyklen, in denen Hungersnöte die Region heimsuchten, so muss inzwischen alle drei Jahre der Notstand erklärt werden.