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Irak: Christen und Schiiten in Gefahr

ISIS-Islamisten markieren die Häuser von Christen und Schiiten in Mossul

Bozen, Göttingen, 17. Juli 2014

Ein Blick auf Arbil mit der Festung in der Mitte. Ein Blick auf Arbil mit der Festung in der Mitte.

Alarmierende Nachrichten erreichten die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) aus dem Irak: Dort haben islamische Extremisten der Gruppe "Islamischer Staat im Irak und Syrien" (ISIS) die Häuser und Grundstücke von Christen und Schiiten in der überwiegend von sunnitischen Arabern bewohnten Stadt Mossul mit verschiedenen Zeichen markiert. "Einige Christen aus Mossul berichteten unseren Mitarbeitern in Irakisch-Kurdistan, dass viele christliche Immobilien mit dem arabischen Buchstaben "N" markiert worden seien", sagte der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido am Donnerstag in Göttingen. "N" steht für "Nasara" und heißt übersetzt "Christen". An andere Häuser und Läden wurde ein "R" für "Rafidha" geschrieben. Das bedeutet die "Ablehnenden". Damit meinen die sunnitischen Islamisten Schiiten. Viele Angehörige dieser Religionsgemeinschaften schweben jetzt in noch größerer Angst vor gezielten Angriffen der Islamisten.

In der Stadt lebten bis zu ihrer Flucht viele Angehörige der Shabak-Minderheit. Die meisten von ihnen sind Schiiten und sprechen einen kurdischen Dialekt. Ihre Zahl wird im Irak auf einige Hunderttausend geschätzt. Lange Zeit wurden die Shabak, Christen und Yeziden in der Provinz Mossul von der Zentralregierung in Bagdad vernachlässigt. Sie war zwar für die Sicherheit in den Siedlungsgebieten dieser Volksgruppen zuständig, schützte sie jedoch nicht vor Angriffen der sunnitischen Islamisten. "Gäbe es die kurdischen Peschmerga nicht, dann wären Shabak, Christen und Yeziden in den vergangenen Wochen womöglich von ISIS-Terroristen massakriert worden", sagt Sido. "Nun fordert die überwiegende Mehrheit der Shabak einen Anschluss an das nördliche Bundesland Kurdistan." Mindestens 1.000 Shabak wurden seit 2003 ermordet.

In der Provinz Mossul sind neben Shabak noch andere irakische Minderheiten ansässig wie muslimische sowie yezidische Kurden und Christen (Assyrer-Chaldäer-Aramäer). Die meisten von ihnen befürworten ebenfalls den Anschluss an das friedlichere und sicherere Irakisch-Kurdistan. Sie fordern ein Referendum über den Anschluss, wie es im Artikel 140 der irakischen Verfassung vorgesehen ist. Die irakische Regierung unter Nuri al Maliki hat dieses Referendum bisher verwehrt.

Für die Assyrer/Aramäer/Chaldäer ist die so genannte Ninive-Ebene in der Provinz Mossul das letzte Gebiet im Irak, wo sie noch als große Gemeinschaft zusammenleben. Nach Informationen der GfbV sind nach der Eroberung der Stadt Mossul durch ISIS Mitte Juni 2014 mindestens 250 christliche Familien in dorthin geflohen. Die Ninive-Ebene wird nun vollständig von kurdischen Sicherheitskräften geschützt, die von christlichen Milizen unterstützt werden. Dort lebten bereits viele Flüchtlinge. In Irakisch-Kurdistan oder in der so genannten Ninive-Ebene. Dort sollen jetzt insgesamt etwa 350.000 Angehörige verschiedener Kirchen leben. Im arabisch dominierten Teil des Iraks können Christen kaum mehr ein sicheres Leben führen.