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Irak: Konferenz aller Nationalitäten und Religionen des Irak

Kirkuk soll Vorbild für ein friedliches Zusammenleben aller Volksgruppen werden

Bozen, Göttingen, 15. Juli 2011

Bischof Sako (links) im GfbV-Büro in Arbil, Irak. Bischof Sako (links) im GfbV-Büro in Arbil, Irak.

Unter der Schirmherrschaft des chaldäisch-katholischen Bischofs von Kirkuk, Dr. Luis Sako, treffen am kommenden Montag (18.07.) in der nordirakischen Stadt rund 150 Persönlichkeiten aller Nationalitäten und Religionsgemeinschaften des Irak zusammen. Sie wollen darüber beraten, wie Spannungen zwischen den Volksgruppen abgebaut werden können und ein friedliches Zusammenleben gewährleistet werden kann. Organisiert wird die Konferenz von der Gesellschaft für bedrohte Völker, Sektion Kurdistan Irak. Erwartet werden Repräsentanten der Kurden, Araber, Turkmenen, Assyrer-Aramäer-Chaldäer, Yeziden, Schabak, Mandäer, Christen und Moslems, unter ihnen auch Vertreter der irakischen Zentralregierung in Bagdad.

In Kirkuk und der gleichnamigen ölreichen Provinz ist das Verhältnis zwischen den Volksgruppen angespannt, weil hunderttausende Kurden, aber auch Turkmenen und christliche Assyrer-Aramäer-Chaldäer unter Saddam Hussein aus der Region vertrieben und an ihrer Stelle Araber aus dem Süd- und Zentralirak angesiedelt wurden. Bis heute ist nicht entschieden, ob die Region dem autonomen Bundesstaat Irakisch-Kurdistan zugeschlagen oder von Bagdad aus regiert wird. Darüber sollen laut Verfassung die rund 755.000 Einwohner der Provinz in einem Referendum abstimmen.

Die meisten Vertriebenen sind mittlerweile nach Kirkuk zurückgekehrt und werden über die Zukunft der Provinz mitentscheiden. Sie hoffen auf einen Anschluss an Irakisch-Kurdistan. Die nun seit Jahrzehnten dort lebende arabische Bevölkerung ist inzwischen wieder in der Minderheit. Sie fühlt sich Bagdad zugehörig. Die irakische Zentralregierung ist dem Kirkuk-Konflikt bisher aus dem Weg gegangen, obwohl sie laut Artikel 140 der Verfassung Spuren der "praktizierten Unterdrückungspolitik" des Diktators beseitigen und geeignete Maßnahmen der Wiedergutmachung ergreifen soll.

Seit 2003 kann sich der irakische Bundesstaat Kurdistan im Nordirak, von Bagdad anerkannt, mit eigener Landesregierung, eigenem Parlament, Ministerpräsidenten und sogar Präsidenten weitgehend selbst verwalten. Doch in den arabischen Regionen des Irak werden Christen, Mandäer und Yeziden weiter verfolgt und vertrieben. In Kurdistan wurden bereits zehntausende dieser Flüchtlinge aufgenommen. Dort herrscht eine Atmosphäre der nationalen und religiösen Toleranz. Durch eine Quotenregelung sind Assyrer-Aramäer-Chaldäer, Armenier und Turkmenen im Regionalparlament vertreten. Diese Nationalitäten verfügen über ein eigenes Schulsystem in der jeweils eigenen Sprache, eigene Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehstationen. In der kurdischen Hauptstadt Arbil wurde 2006 eine GfbV-Sektion gegründet. Im Beirat der Sektion sind Repräsentanten aller Volksgruppen vertreten.